 
  
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  Josef Peneder
 
 
  
 
 
 
  Texte aus fünf Jahrzehnten
 
 
 
 
 
  © Josef Peneder 2016   Version 3.0  /  27.11.2023
 
 
  
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
  Das Suderantenbuch
 
 
 
 
  Das Suderantenbuch
 
 
 
  Schon als Kind
  Schon  
  als  
  Kind,  
  als  
  Säugling,  
  hatte  
  ich  
  gelegentlich  
  Grund  
  zum  
  Sudern.  
  Da  
  mir 
  die  
  sprachliche  
  Ausdrucksfähigkeit  
  noch  
  weitgehend  
  fehlte,  
  musste  
  Geschrei 
  herhalten.   
  Auch   
  das   
  heftige   
  Ausspucken   
  unerwünschter   
  Nahrung   
  konnte 
  durchaus als Zeichen von Unzufriedenheit gelten.
  Mit    
  zwei,    
  drei    
  Jahren    
  wurde    
  mir    
  offenbar    
  klar,    
  dass    
  der    
  Erfolg    
  von 
  Unmutsäußerungen   
  von   
  den   
  jeweiligen   
  Umständen   
  abhängt.   
  Anfang   
  der 
  1960er  
  Jahre  
  kursierte  
  das  
  Gerücht,  
  Spinat  
  sei  
  für  
  ein  
  Kleinkind  
  unentbehrlich; 
  er  
  sollte  
  die  
  Blutbildung  
  anregen,  
  den  
  feisten  
  kleinen  
  Leib  
  mit  
  Eisen  
  versorgen, 
  zudem galt er in Fachkreisen als wohlschmeckend.
  Ich   
  war   
  anderer   
  Meinung!   
  Anfangs   
  genügte   
  es,   
  dass   
  ich   
  die   
  Lippen   
  fest 
  geschlossen   
  hielt.   
  So   
  kamen   
  nur   
  minimale   
  Mengen   
  des   
  grünen   
  Breies   
  in 
  meinen  
  Magen,  
  meist  
  durch  
  Vorspiegelung  
  verlogener  
  Motive,  
  ein  
  Löfferl  
  für 
  den  
  Onkel  
  Herbert,  
  ein  
  Löfferl  
  für  
  die  
  Tante  
  Poldi.  
  Als  
  ob  
  die  
  nicht  
  selbst  
  als 
  Kinder Spinat gehasst hätten.
  Bald  
  stellte  
  ich  
  mit  
  Entzücken  
  fest,  
  dass  
  ein  
  Ausstoßen  
  unerwünschter  
  Nahrung 
  unter  
  hohem  
  Druck  
  maximalen  
  Erfolg  
  zeitigte.  
  Die  
  Küchenmöbel  
  waren  
  grün 
  gesprenkelt und das Thema Spinat fortan auf rudimentäre Versuche reduziert.
  Da    
  ich    
  insgesamt    
  recht    
  zufrieden    
  aufwuchs    
  und    
  sich    
  die    
  elterlichen 
  Sorgenfalten   
  nun   
  auf   
  meinen   
  zwei   
  Jahre   
  jüngeren   
  Bruder   
  konzentrierten, 
  machte  
  ich  
  bis  
  zu  
  meinem  
  fünften  
  Lebensjahr  
  kaum  
  nennenswerte  
  Fortschritte 
  in Sudertechniken.
  Dann  
  hieß  
  es  
  allerdings  
  eines  
  Tages:  
  in  
  den  
  Kindergarten.  
  Meine  
  Mutter,  
  die 
  sich   
  vollzeitlich   
  um   
  uns   
  Kinder   
  kümmerte,   
  war   
  der   
  Ansicht,   
  ich   
  gehörte 
  sozialisiert.      
  Ich      
  sollte      
  im      
  Kreise      
  Gleichaltriger      
  die      
  Geheimnisse 
  kommunikativer  
  Gruppendynamik  
  kennenlernen.  
  Ich  
  wollte  
  nicht!  
  Ich  
  hatte 
  zuhause   
  alles   
  Nötige,   
  Platz,   
  Spielsachen,   
  Garten,   
  einen   
  kleineren   
  Bruder. 
  Andere  
  Kinder  
  würden  
  nur  
  Ungemach  
  hervorrufen,  
  das  
  war  
  klar.  
  Ich  
  sollte 
  Recht behalten.
  Ich  
  stieß  
  im  
  Kindergarten  
  auch  
  sogleich  
  auf  
  äußerst  
  fragwürdige  
  Arten  
  von 
  Persönlichkeiten.
  Die    
  Machachecks,    
  diese    
  angeberischen    
  Führernaturen,    
  die    
  meist    
  mehr 
 
 
  Josef Peneder
 
 
  Eine autobiographische, schonungslose Abrechnung mit der gesamten Menschheit
 
 
  Vorwort
  Leider  
  geht  
  es  
  mit  
  der  
  Menschheit  
  bergab!  
  Die  
  bevorzugte  
  Lebensform  
  ist  
  der 
  Egoismus.  
  Man  
  nistet  
  sich  
  ein,  
  man  
  macht  
  sich  
  breit,  
  man  
  sudert:  
  in  
  Familie, 
  Freundeskreis,  
  Schule,  
  Gesellschaft,  
  Partnerschaft,  
  Beruf,  
  in  
  Vereinen,  
  Kursen, 
  auf  
  Stammtischen,  
  zuletzt  
  nörgelt  
  man  
  noch  
  herum  
  mit  
  dem  
  Pflegepersonal  
  im 
  Altersheim, im Spital.
  Überall    
  gibt    
  es    
  reichlich    
  Gelegenheiten    
  zum    
  Sudern.    
  Denn    
  das    
  ist    
  die 
  einfachste,  
  die  
  unanstrengendste  
  Form,  
  sich  
  selbst  
  ins  
  rechte  
  Licht  
  zu  
  rücken. 
  Ob  
  es  
  der  
  Arbeitskollege  
  ist  
  oder  
  die  
  Weltpolitik:  
  ich  
  wüsste,  
  wie's  
  geht,  
  aber 
  mich  
  fragt  
  ja  
  keiner.  
  Und  
  darum  
  wird  
  gejammert,  
  geschimpft,  
  mit  
  der  
  Faust  
  auf 
  den  
  Biertisch  
  gehaut,  
  werden  
  Hasstiraden  
  im  
  Internet  
  verbreitet,  
  großzügig  
  im 
  Umgang mit der Wahrheit, aber in feiger Anonymität. 
  Doch   
  woher   
  kommt   
  dieser   
  charakterliche   
  Zwergwuchs,   
  der   
  die   
  Gesellschaft 
  offenbar befallen hat? 
  Was  
  tun,  
  wenn  
  es  
  wirklich  
  einmal  
  Grund  
  zum  
  Jammern  
  gibt?  
  Ist  
  der  
  Mensch, 
 
 
  die  
  angebliche  
  Krone  
  der  
  Schöpfung,  
  wirklich  
  dazu  
  verdammt,  
  in  
  gewissenlosen 
  geistigen  
  Niederungen  
  herumzukriechen,  
  auf  
  einem  
  Niveau,  
  das  
  jeden  
  Hund 
  zum Erröten brächte?
  Dieses   
  Buch   
  hat   
  sich   
  die   
  Aufgabe   
  gestellt,   
  mit   
  der   
  gesamten   
  Menschheit 
  schonungslos   
  abzurechnen.   
  Es   
  sollen   
  aber   
  auch   
  Möglichkeiten   
  aufgezeigt 
  werden,  
  diesem  
  Elend  
  die  
  Stirn  
  zu  
  bieten.  
  Wie  
  so  
  oft  
  werden  
  die  
  Weichen  
  für 
  eine   
  Karriere   
  als   
  erfolgreicher   
  Suderant   
  in   
  der   
  Kindheit   
  gelegt,   
  sind   
  die 
  Erwachsenen  
  traurige  
  Vorbilder,  
  führt  
  uns  
  der  
  Zeitgeist  
  an  
  der  
  Hand  
  in  
  die 
  menschlichen  
  Abgründe.  
  Im  
  reiferen  
  Alter  
  muss  
  uns  
  das  
  Schicksal  
  schon  
  heftig 
  in den Hintern treten, um uns auf die rechte Bahn zu bringen. 
  Nicht    
  weniger    
  als    
  einen    
  solchen    
  Tritt    
  möchten    
  die    
  folgenden    
  Seiten 
  verabreichen!
  Linz, im Herbst 2017
 
 
  Selbstvertrauen  
  als  
  Hirn  
  besitzen,  
  kleine  
  Scheusale,  
  die  
  als  
  Kind  
  schon  
  ihre 
  Freunderlwirtschaft  
  aufbauen,  
  die  
  mit  
  sicherem  
  Instinkt  
  wittern,  
  wen  
  sie  
  sich 
  zum    
  Freund    
  machen    
  müssen,    
  wen    
  sie    
  niedermachen    
  können    
  und    
  wer 
  uninteressant,  
  weil  
  schwach  
  ist.  
  Da  
  ich  
  zu  
  den  
  Stillen  
  und  
  Schwachen  
  gehörte, 
  wurde ich von ihnen meist in Ruhe gelassen.
  Dafür  
  gab  
  es  
  die  
  penetranten  
  Besserwisser,  
  die  
  immer  
  beobachteten,  
  weil  
  sie 
  selbst    
  Theoretiker    
  waren,    
  die    
  jede    
  Kleinigkeit    
  registrierten    
  und    
  überall 
  ungefragt   
  ihren   
  Senf   
  dazugaben.   
  Ihre   
  Autorität   
  gründete   
  sich   
  auf   
  Floskeln: 
  mein Vater hat aber gesagt...
  Sie  
  sind  
  völlig  
  unkreativ,  
  gehen  
  mit  
  den  
  Entdeckungen  
  anderer  
  hausieren;  
  alles 
  Neue  
  wird  
  zuerst  
  beim  
  Papa  
  hinterfragt,  
  und  
  neugierig  
  sind  
  sie,  
  mit  
  Betonung 
  auf  
  gierig.  
  Sie  
  fragen,  
  um  
  mit  
  einem  
  Aber  
  antworten  
  zu  
  können.  
  Sie  
  suchen 
  nach  
  Fehlern  
  bei  
  den  
  anderen,  
  um  
  sich  
  ihr  
  eigenes  
  ödes  
  Lebensgebäude  
  umso 
  fester   
  zumauern   
  zu   
  können,   
  bemitleidenswerte   
  Kreaturen,   
  wie   
  ich   
  damals 
  schon feststellen konnte.
  Eine  
  noch  
  traurigere  
  Abart  
  waren  
  die  
  dümmlichen  
  kleinen  
  Muskelprotze,  
  die 
  Gefallen  
  daran  
  fanden,  
  anderen  
  etwas  
  kaputt  
  zu  
  machen.  
  Da  
  sie  
  sich  
  selbst 
  nicht   
  zu   
  beschäftigen   
  wussten,   
  war   
  das   
  ihre   
  Beschäftigung.   
  Ich   
  frage   
  mich 
  manchmal,  
  was  
  aus  
  ihnen  
  wohl  
  geworden  
  sein  
  mag.  
  Vielleicht  
  sind  
  sie  
  in  
  die 
  Politik gegangen.
  Weiters  
  gab  
  es  
  da  
  die  
  Wehleidigen,  
  die  
  Heulsusen,  
  die  
  bei  
  jeder  
  Kleinigkeit 
  weinend  
  zur  
  Tante  
  liefen,  
  die  
  Petzer,  
  die  
  ewigen  
  Spielverderber  
  mit  
  ihrem  
  "Das 
  sag   
  ich   
  aber   
  meiner   
  Mama!".   
  Aus   
  diesen   
  Jammerlappen   
  sind   
  später   
  sicher 
  großartige Suderanten geworden.
  Da  
  sich  
  der  
  Kindergarten,  
  dieses  
  Jammertal  
  menschlichen  
  Misswachses,  
  für 
  mich,    
  der    
  ich    
  stille    
  Beschäftigungen    
  liebte,    
  als    
  völlige    
  Fehleinrichtung 
  darstellte,  
  und  
  da  
  zum  
  Sudern  
  entsprechende  
  Adressaten  
  fehlten,  
  verfiel  
  ich  
  in 
  immer  
  häufigere  
  körperliche  
  Defizite,  
  vor  
  allem  
  regelmäßige  
  Angina,  
  sodass  
  ich 
  schließlich  
  zuhause  
  bleiben  
  durfte.  
  Mir  
  war  
  klar,  
  dass  
  es  
  sich  
  nur  
  um  
  zeitlich 
  begrenztes  
  Glück  
  handelte,  
  da  
  im  
  Herbst  
  die  
  Volksschule  
  anstand,  
  wo  
  ich  
  wohl 
  den selben traurigen Gestalten wieder begegnen würde.
  Außerdem brachte man mich ins Spital, wo meine Mandeln entfernt wurden.
 
 
 
 
 
 
  In der Volksschule
  In  
  der  
  Volksschule  
  war  
  ich  
  arm  
  und  
  klein,  
  zumindest  
  fühlte  
  ich  
  mich  
  so.  
  Ab  
  der 
  zweiten   
  Klasse   
  bekam   
  ich   
  gelegentlich   
  Ohrfeigen   
  für   
  Nichtigkeiten,   
  zum 
  Beispiel,  
  weil  
  beim  
  Einstechen  
  des  
  Trinkhalms  
  ein  
  Tropfen  
  Milch  
  auf  
  meinen 
  Tisch  
  gesprungen  
  war,  
  oder  
  weil  
  ich  
  auf  
  meiner  
  Zeichnung  
  das  
  Wappen  
  von 
  Linz  
  verkehrt  
  herum  
  aufgeklebt  
  hatte.  
  Da  
  auch  
  die  
  anderen  
  Kinder,  
  wir  
  waren 
  wie   
  schon   
  im   
  Kindergarten   
  nur   
  Knaben,   
  gelegentlich   
  Ohrfeigen   
  erhielten, 
  fühlte ich mich irgendwie dazugehörig. 
  Wir  
  erhielten  
  in  
  der  
  dritten  
  und  
  vierten  
  Klasse  
  vom  
  Herrn  
  Oberlehrer  
  auch 
  regelmäßig  
  Hiebe  
  auf  
  die  
  Finger,  
  und  
  zwar  
  mit  
  einem  
  dünnen,  
  eisengefütterten 
  Holzstab.   
  Durch   
  diese   
  damals   
  durchwegs   
  übliche   
  strenge   
  Erziehung   
  war   
  es 
  andererseits   
  den   
  selbstgefälligen   
  Quälgeistern   
  aus   
  dem   
  Kindergarten   
  nicht 
  mehr   
  möglich,   
  sich   
  entsprechend   
  zu   
  entfalten,   
  was   
  ich   
  wiederum   
  als   
  sehr 
  angenehm empfand.
  Zum  
  Aufbegehren  
  fehlte  
  uns  
  damals  
  der  
  Mut.  
  Ein  
  einziger  
  meiner  
  Mitschüler 
  wagte  
  es  
  einmal,  
  als  
  er  
  vom  
  Religionslehrer,  
  einem  
  kleinen,  
  dicklichen,  
  älteren 
  Mann,   
  der   
  uns   
  oft   
  Gruselgeschichten   
  von   
  lebendig   
  Begrabenen   
  vorlas,   
  eine 
  Ohrfeige  
  erhielt,  
  laut  
  "Polizei!  
  Polizei!"  
  zu  
  rufen.  
  Er  
  galt  
  fortan  
  als  
  ungezogen 
  und  
  wurde  
  zu  
  Geburtstagspartys  
  nicht  
  mehr  
  eingeladen,  
  zumal  
  er  
  sich  
  schon 
  vorher  
  auf  
  einer  
  der  
  besagten  
  Festlichkeiten  
  durch  
  unbotmäßiges  
  Verhalten 
  einen   
  schlechten   
  Ruf   
  erworben   
  hatte.   
  Er   
  hatte   
  es   
  nämlich   
  geschafft,   
  zwei 
  Frankfurter  
  Würste  
  gleichzeitig  
  bis  
  zur  
  Zimmerdecke  
  flutschen  
  zu  
  lassen.  
  Ein 
  aufsässiges    
  Kerlchen,    
  dem    
  nachträglich    
  mein    
  uneingeschränkter    
  Respekt 
  gebührt.
  Während  
  also  
  in  
  der  
  Schule  
  autoritär  
  gedämpfte  
  Ruhe  
  herrschte,  
  habe  
  ich  
  aus 
  dieser  
  Zeit  
  die  
  häuslichen  
  Geburtstags-  
  und  
  Faschingspartys  
  in  
  unangenehmer 
  Erinnerung, vor allem jene, die bei uns zuhause stattfanden.
  Ich     
  hätte     
  natürlich     
  nur     
  die     
  wenigen     
  netten,     
  stillen,     
  freundlichen 
  Klassenkameraden   
  eingeladen,   
  aber   
  ich   
  wurde   
  nicht   
  gefragt.   
  Meine   
  Eltern 
  fanden  
  es  
  nötig,  
  jene  
  Kinder  
  einzuladen,  
  deren  
  Eltern  
  sie  
  kannten,  
  und  
  deshalb 
  tummelten  
  sich  
  auf  
  unseren  
  Partys  
  dieselben  
  geistigen  
  Nichtsnutze,  
  die  
  mir 
  schon den Kindergarten verleidet hatten. 
  Wir,  
  mein  
  Bruder  
  und  
  ich,  
  mussten  
  also  
  eine  
  lustige  
  Miene  
  aufsetzen  
  und  
  mit 
  diesem  
  Abschaum  
  der  
  Menschheit  
  lustige  
  Partyspiele  
  ertragen.  
  Einer  
  fiel  
  dabei 
  zu    
  meiner    
  nicht    
  geringen    
  Schadenfreude    
  rücklings    
  von    
  meinem    
  großen 
  Stoffelefanten,   
  mit   
  dem   
  er   
  ungefragt   
  herumgerollt   
  war,   
  und   
  begann   
  ein 
  fürchterliches  
  Heulsusengeheul,  
  worauf  
  ihm  
  meine  
  Mutter  
  mein  
  Lieblingsbuch 
  schenkte.   
  Dieser   
  Vorfall   
  erzeugte,   
  im   
  Nachhinein   
  betrachtet,   
  einen   
  nicht 
  unerheblichen  
  Knacks  
  in  
  der  
  Beziehung  
  zu  
  meiner  
  Mutter;  
  noch  
  dazu  
  kaufte 
  mir  
  die  
  Großmutter  
  am  
  nächsten  
  Tag  
  das  
  Buch  
  wieder,  
  was  
  auch  
  die  
  ohnehin 
  ziemlich   
  gespannte   
  Beziehung   
  zwischen   
  meiner   
  Mutter   
  und   
  deren   
  Mutter 
  weiter  
  verschlechterte.  
  Ich  
  schmollte,  
  hielt  
  mich  
  an  
  die  
  Oma  
  und  
  erwähnte  
  den 
  Vorfall   
  bei   
  jeder   
  sich   
  bietender   
  Gelegenheit,   
  ein   
  erster   
  großer   
  Schritt   
  zum 
  Jammerer.
  Auch      
  das      
  Petzen,      
  eine      
  ursprünglich      
  wenig      
  geübte      
  Form      
  von 
  Unmutsäußerungen,  
  erlebte  
  bei  
  diesen  
  Kinderfesten  
  einen  
  Aufschwung:  
  der 
  weichliche,  
  dickliche  
  Sohn  
  von  
  Bekannten  
  meiner  
  Eltern,  
  der  
  mir  
  schon  
  im 
  Kindergarten  
  gründlich  
  auf  
  die  
  Nerven  
  gefallen  
  war  
  und  
  natürlich  
  auch  
  in  
  der 
  Volksschule  
  wieder  
  in  
  meiner  
  Klasse  
  sitzen  
  musste,  
  ein  
  farbloser,  
  schwammiger 
  Langeweiler,  
  hatte  
  aus  
  Ungeschicklichkeit  
  ein  
  Glas  
  zerbrochen,  
  was  
  ich  
  seinen 
  Eltern,   
  ich   
  konnte   
  kaum   
  erwarten,   
  dass   
  sie   
  ihn   
  abholen   
  kämen,   
  genüsslich 
  schilderte.   
  Natürlich   
  entschuldigte   
  sich   
  meine   
  Mutter   
  daraufhin   
  für   
  mein
   
  Verhalten,   
  erklärte,   
  das   
  mit   
  dem   
  Glas   
  sei   
  doch   
  nicht   
  weiter   
  schlimm,   
  das 
  komme  
  halt  
  vor,  
  es  
  sei  
  ja  
  nichts  
  passiert,  
  während  
  ich  
  mit  
  roten  
  Ohren  
  daneben 
  stand und dem feinen Sack am liebsten in den feisten Hintern getreten hätte.
  Ein  
  paar  
  Monate  
  später  
  ergab  
  sich  
  zufällig  
  Gelegenheit  
  zur  
  Rache,  
  und  
  das  
  kam 
  so:
  Von  
  den  
  Bekannten  
  meiner  
  Eltern,  
  die  
  regelmäßig  
  zu  
  Besuch  
  kamen,  
  trieben 
  manche  
  ab  
  und  
  an  
  ihren  
  Schabernack  
  mit  
  uns  
  Kindern,  
  brachten  
  uns  
  lustige 
  Sprüche  
  bei  
  oder  
  zeigten  
  uns  
  Tricks.  
  Ich  
  musste  
  mich  
  mit  
  gegrätschten  
  Beinen 
  aufstellen,  
  nach  
  vorn  
  beugen  
  und  
  die  
  Hände  
  zwischen  
  den  
  Beinen  
  durch  
  nach 
  hinten  
  strecken.  
  Der  
  "Onkel"  
  zog  
  nun  
  fest  
  nach  
  oben,  
  ich  
  wirbelte  
  in  
  einer  
  Art 
  Luftpurzelbaum   
  herum   
  und   
  stand   
  wieder   
  am   
  Boden.   
  Das   
  war   
  lustig   
  und 
  aufregend  
  zugleich  
  -  
  ich  
  wollte  
  es  
  natürlich  
  selbst  
  einmal  
  bei  
  jemand  
  anderem 
  ausprobieren.
  Auf  
  einer  
  der  
  nächsten  
  Kinderpartys,  
  es  
  war  
  diesmal  
  nicht  
  bei  
  uns  
  zuhause, 
  ergab    
  es    
  sich,    
  dass    
  ich    
  meinem    
  schwammigen    
  Glaszerbrecher    
  wieder 
  begegnete.  
  Ich  
  erklärte  
  ihm,  
  es  
  gäbe  
  da  
  einen  
  lustigen  
  Trick,  
  den  
  ich  
  ihm  
  zeigen 
  könnte.   
  Er   
  war   
  auch   
  gleich   
  einverstanden   
  und   
  stellte   
  sich   
  nach   
  meinen 
  Anweisungen   
  in   
  Positur.   
  Ich   
  zog,   
  so   
  fest   
  ich   
  konnte,   
  an   
  seinen   
  Händen. 
  Natürlich  
  hatte  
  ich  
  nicht  
  die  
  Kraft  
  eines  
  Erwachsenen  
  und  
  er  
  war  
  auch  
  dicklich 
  und   
  schwer,   
  also   
  erreichte   
  ich   
  nur,   
  dass   
  er   
  mit   
  dem   
  Gesicht   
  voran   
  am 
  Parkettboden     
  aufklatschte,     
  ein     
  erhebender     
  Anblick.     
  Geistesgegenwärtig 
  erklärte  
  ich  
  ihm,  
  er  
  sei  
  nicht  
  locker  
  genug  
  gewesen  
  und  
  wir  
  könnten  
  es  
  gleich 
  noch  
  einmal  
  versuchen,  
  worauf  
  er  
  sich  
  heulend  
  davonmachte.  
  Irgendwie  
  hatte 
  die    
  Sache    
  für    
  mich    
  keine    
  besonderen    
  Konsequenzen,    
  lediglich    
  mein 
  Selbstvertrauen war spürbar gestiegen.
  Gegen  
  Ende  
  der  
  Volksschulzeit  
  begann  
  ich  
  festzustellen,  
  dass  
  jene  
  Knaben,  
  die 
  aus   
  sogenannten   
  zerrütteten   
  Verhältnissen   
  kamen   
  und   
  daher,   
  wie   
  meine 
  Mutter  
  betonte,  
  ein  
  schlechter  
  Umgang  
  für  
  mich  
  waren,  
  mehr  
  Selbstvertrauen 
  erlangt   
  hatten   
  als   
  die   
  meisten   
  anderen.   
  Auch   
  waren   
  es   
  durchwegs   
  schon 
  gestandene    
  Charaktere,    
  interessantere    
  Persönlichkeiten    
  als    
  die    
  normalen 
  Langeweiler,    
  die    
  keine    
  eigene    
  Meinung    
  hatten,    
  die    
  immer    
  brav    
  die 
  Hausübungen  
  machten  
  und  
  von  
  den  
  Lehrern  
  oft  
  gelobt  
  wurden  
  -  
  ich  
  gehörte 
 
 
  damals auch noch dazu!
  Einer  
  meiner  
  Mitschüler  
  hatte  
  es  
  sogar  
  in  
  die  
  Zeitung  
  geschafft.  
  Er  
  hatte  
  mit 
  seinen  
  Freunden  
  am  
  Ufer  
  der  
  gerade  
  Niedrigwasser  
  führenden  
  Donau  
  eine  
  alte 
  Handgranate  
  gefunden.  
  Sie  
  hatten  
  daraufhin  
  ein  
  kleines  
  Feuer  
  entfacht,  
  die 
  Granate   
  hineingeworfen   
  und   
  in   
  sicherer   
  Entfernung   
  auf   
  das   
  zu   
  erwartende 
  Ereignis geharrt. Als nichts passierte, verließen sie ihre Deckung...
  Der  
  Oberlehrer  
  höchstpersönlich  
  las  
  uns  
  in  
  der  
  Klasse  
  den  
  Zeitungsartikel  
  vor, 
  dem  
  zufolge  
  dem  
  mutigen  
  Mitschüler  
  im  
  Krankenhaus  
  Dutzende  
  Granatsplitter 
  aus  
  der  
  Haut  
  entfernt  
  worden  
  waren.  
  Unsere  
  Stimmung  
  schwankte  
  zwischen 
  Bewunderung   
  und   
  Mitleid.   
  Ich   
  empfand   
  ein   
  wenig   
  Neid,   
  denn   
  ich   
  hätte 
  natürlich  
  weder  
  mit  
  Freunden  
  an  
  der  
  Donau  
  spielen  
  noch,  
  Gott  
  behüte,  
  ein 
  Lagerfeuer entzünden dürfen.
  Ein  
  anderer  
  Mitschüler  
  lebte  
  bei  
  seiner  
  Oma,  
  einer  
  alten  
  Frau,  
  die  
  er  
  eines 
  Morgens  
  tot  
  in  
  ihrem  
  Bett  
  fand.  
  Ich  
  war  
  nie  
  auf  
  die  
  Idee  
  gekommen,  
  ihn  
  zu 
  fragen,  
  was  
  mit  
  seinen  
  Eltern  
  sei;  
  womöglich  
  waren  
  sie  
  gestorben  
  oder  
  nach 
  Australien  
  ausgewandert,  
  jedenfalls  
  hätte  
  eine  
  solche  
  Frage  
  Peinlichkeiten  
  nach 
  sich ziehen können.
  Da  
  gerade  
  die  
  Rede  
  von  
  Peinlichkeiten  
  ist,  
  fällt  
  mir  
  noch  
  eine  
  bemerkenswerte 
  Begebenheit   
  ein.   
  Wir   
  hatten   
  etwa   
  ein   
  Schuljahr   
  lang   
  einen   
  Mitschüler,   
  der 
  ungeheuer  
  fett  
  war.  
  Er  
  hatte  
  schwarze  
  Locken,  
  ein  
  breites  
  Vollmondgesicht  
  und 
  drei   
  Kinne,   
  die   
  bei   
  jeder   
  Bewegung   
  wabbelten.   
  Er   
  tat   
  mir   
  vom   
  ersten 
  Augenblick   
  an   
  leid,   
  denn   
  er   
  wurde   
  natürlich   
  bei   
  jeder   
  Gelegenheit   
  aufs 
  Grausamste  
  verspottet,  
  und  
  zwar  
  nicht  
  nur  
  von  
  den  
  üblichen  
  selbstgefälligen 
  Schwachköpfen,   
  sondern   
  auch   
  von   
  den   
  stillen   
  Duckmäusern,   
  die   
  wie   
  feige 
  Ratten  
  aus  
  den  
  Löchern  
  quollen  
  um  
  mitzumachen  
  bei  
  dieser  
  Treibjagd.  
  Der 
  beliebteste  
  Ort  
  der  
  Demütigungen  
  war  
  das  
  Knabenklo,  
  wo  
  es  
  damals  
  noch  
  eine 
  wasserbespülte  
  Wand  
  gab,  
  gegen  
  die  
  gepinkelt  
  wurde.  
  Unser  
  dicker  
  Neuzugang 
  pflegte  
  sich  
  zu  
  diesem  
  Zweck  
  die  
  Hosen  
  bis  
  zu  
  den  
  Knien  
  hinunterzulassen,  
  was 
  zur  
  Folge  
  hatte,  
  dass  
  ihn  
  in  
  der  
  Pause  
  jedesmal  
  ein  
  wahres  
  Gefolge  
  begleitete, 
  wenn  
  er  
  sein  
  Geschäft  
  verrichten  
  wollte.  
  Wenn  
  dann  
  der  
  Lehrer  
  wieder  
  in  
  der 
  Klasse  
  war,  
  fand  
  sich  
  immer  
  ein  
  Feigling,  
  der  
  stolz  
  vermeldete:  
  "Der  
  Dicke  
  hat 
  sich schon wieder die Hose heruntergezogen!"
  Seine  
  Mutter,  
  so  
  erklärte  
  unser  
  Lehrer  
  einmal,  
  sei  
  Opernsängerin  
  und  
  habe 
  ihrem   
  Sohn   
  natürlich   
  manches   
  beigebracht.   
  Und   
  tatsächlich   
  schritt   
  dieser 
  gequälte  
  und  
  verspottete  
  kleine  
  Bursche  
  mit  
  einem  
  gewissen  
  Stolz  
  auf  
  die  
  Bitte 
  des   
  Lehrers   
  nach   
  vorn   
  und   
  begann   
  eine   
  Stelle   
  aus   
  einer   
  Oper   
  zu   
  singen, 
  auswendig,  
  laut,  
  gut,  
  selbstbewusst.  
  Dazu  
  vollführte  
  er  
  tänzelnde  
  Bewegungen, 
  breitete  
  die  
  Arme  
  aus  
  und  
  warf  
  uns,  
  dem  
  Publikum,  
  zum  
  Schluss  
  schmachtende 
  Kusshände  
  zu.  
  Wir  
  waren  
  begeistert,  
  aber  
  einig  
  in  
  unserem  
  Urteil:  
  der  
  ist  
  nicht 
  normal! 
  Vielleicht   
  ist   
  es   
  anderen   
  auch   
  so   
  gegangen   
  wie   
  mir,   
  denn   
  ich   
  fand   
  die 
  Darbietung  
  zwar  
  furchtbar  
  peinlich,  
  ein  
  fetter  
  Knabe,  
  der  
  tanzt  
  und  
  singt,  
  aber 
  ich   
  bewunderte   
  seinen   
  Mut.   
  Er   
  war   
  von   
  sich   
  überzeugt,   
  er   
  schien   
  einen 
  Lebensbereich   
  zu   
  besitzen,   
  der   
  sich   
  den   
  Niederungen   
  seiner   
  tagtäglichen 
  kläglichen   
  Demütigungen   
  entzog,   
  er   
  war   
  frei.   
  Dadurch   
  polarisierte   
  er.   
  Man 
  konnte  
  ihn  
  bewundern,  
  sein  
  Talent  
  anerkennen,  
  heute  
  hätte  
  er  
  auf  
  Youtube  
  und 
  Facebook  
  oder  
  in  
  einer  
  der  
  vielen  
  Talenteshows  
  sicher  
  große  
  Erfolge.  
  Damals 
  waren  
  wir  
  nichts  
  als  
  ein  
  Häuflein  
  Feiglinge.  
  Keiner  
  von  
  uns  
  hätte  
  es  
  gewagt,  
  mit 
  sieben  
  Jahren  
  vor  
  die  
  Klasse  
  zu  
  treten  
  und  
  zu  
  singen.  
  Keiner  
  von  
  uns  
  hätte  
  so 
  einen  
  Auftritt  
  damals  
  zustande  
  gebracht.  
  Daher  
  musste  
  er  
  verspottet  
  werden, 
  ausgestoßen,  
  bei  
  jeder  
  Gelegenheit  
  daran  
  erinnert  
  werden,  
  dass  
  die  
  dumpfe, 
  grausame  
  Masse  
  stärker  
  ist  
  und  
  keine  
  Außenseiter  
  duldet  
  und  
  keine  
  andere 
  Meinung. 
  Ich  
  bin  
  heute  
  noch  
  stolz  
  darauf,  
  dass  
  ich  
  damals  
  nicht  
  mitgeschrien  
  habe  
  bei 
  den   
  Verspottungen,   
  dass   
  ich   
  Mitleid   
  empfand,   
  dass   
  mir   
  graute   
  vor   
  dem 
  Gedanken,  
  ich  
  könnte  
  an  
  seiner  
  Stelle  
  sein,  
  dass  
  vielleicht  
  sogar  
  ein  
  wenig  
  die 
  Ahnung  
  Raum  
  griff:  
  der  
  kann  
  ja  
  selber  
  nichts  
  dafür.  
  Damals  
  wurde  
  in  
  mir  
  wohl 
  der  
  Keim  
  gelegt  
  zu  
  der  
  ewigen  
  Frage:  
  wer  
  trägt  
  die  
  Verantwortung?  
  Wer  
  ist 
  schuld?  
  Diese  
  Frage  
  beschäftigt  
  mich  
  bis  
  heute,  
  und  
  ich  
  habe  
  auch  
  einige  
  gute 
  Antworten darauf gefunden.
  Jener   
  dicke   
  Knabe   
  konnte   
  sicher   
  nicht   
  für   
  sein   
  Aussehen   
  verantwortlich 
  gemacht  
  werden.  
  Er  
  hat  
  sich  
  das  
  nicht  
  ausgesucht,  
  er  
  hatte  
  diese  
  Bürde  
  zu 
  tragen,  
  durch  
  seine  
  Kindheit  
  hindurch,  
  dazu  
  verdammt,  
  schon  
  auf  
  den  
  ersten 
  Blick  
  anders  
  sein  
  zu  
  müssen.  
  Die  
  Schuld  
  liegt  
  eindeutig  
  bei  
  denen,  
  die  
  mit  
  dem 
  Finger  
  auf  
  ihn  
  zeigen,  
  die  
  lachen,  
  spotten,  
  ihn  
  verachten.  
  Sie  
  tun  
  es  
  aus  
  freiem 
  Willen,   
  wenn   
  auch   
  in   
  dem   
  engen   
  Korsett   
  anerzogener   
  gesellschaftlicher 
  Normen,  
  aber  
  sie  
  müssen
    
  nicht  
  so  
  handeln.  
  Sicher  
  ist  
  für  
  die  
  meisten  
  die  
  reine 
  Feigheit  
  der  
  Grund,  
  die  
  Erkenntnis  
  ihrer  
  eigenen  
  Unzulänglichkeit.  
  Aber  
  wie  
  es 
  für  
  die  
  Masse  
  Rädelsführer  
  braucht,  
  die  
  sich  
  diese  
  Feigheit  
  zunutze  
  machen  
  für 
  ihre    
  Zwecke,    
  so    
  bedarf    
  es    
  auch    
  charakterfester    
  Persönlichkeiten,    
  die 
  Zivilcourage  
  zeigen,  
  die  
  aufstehen  
  und  
  deutlich  
  sagen:  
  "Mit  
  mir  
  nicht!"  
  In  
  der 
  Volksschule  
  kann  
  man  
  solche  
  Reife  
  noch  
  kaum  
  vermuten,  
  aber  
  so  
  mancher 
  Grundstein wird hier gelegt.
  Ich  
  bin  
  ihm  
  später,  
  mit  
  dreizehn,  
  noch  
  einmal  
  kurz  
  begegnet,  
  als  
  er  
  einige  
  Zeit 
  die   
  Parallelklasse   
  im   
  Gymnasium   
  besuchte.   
  Er   
  schritt   
  den   
  Gang   
  entlang, 
  umringt  
  von  
  einer  
  Meute  
  johlender  
  Idioten.  
  Ich  
  tippte  
  ihm  
  auf  
  die  
  Schulter  
  und 
  nannte  
  seinen  
  Namen.  
  Er  
  drehte  
  sich  
  um  
  und  
  betrachtete  
  mich  
  misstrauisch. 
  Es  
  dauerte  
  einige  
  Augenblicke,  
  bis  
  er  
  erkannte,  
  dass  
  ich  
  ihm  
  offenbar  
  nichts 
  Böses  
  wollte.  
  Wir  
  wechselten  
  ein  
  paar  
  Worte,  
  gemeinsame  
  Volksschulzeit,  
  er 
  hat   
  sich   
  natürlich   
  nicht   
  mehr   
  an   
  mich   
  erinnert,   
  trotzdem   
  haben   
  mir   
  die 
  Begegnungen  
  mit  
  ihm  
  viel  
  für  
  mein  
  Leben  
  gebracht.  
  Sie  
  haben  
  mir  
  vor  
  allem 
  die Augen geöffnet, wie furchtbar grausam Menschen sein können.
 
 
 
 
 
 
  Im Gy
  mnasium
  Im  
  Gymnasium  
  waren  
  wir  
  erstmals  
  eine  
  gemischte  
  Klasse.  
  Das  
  war  
  auch  
  für  
  die 
  Machachecks   
  eine   
  neue   
  Situation,   
  auf   
  die   
  sie   
  sich   
  erst   
  einstellen   
  mussten. 
  Einige  
  setzten  
  auf  
  rohe  
  Gewalt  
  und  
  verdroschen  
  gelegentlich  
  einen  
  Mitschüler, 
  der  
  gerade  
  zur  
  Hand  
  war.  
  Da  
  sich  
  die  
  Mädchen  
  davon  
  aber  
  wenig  
  beeindruckt 
  zeigten,  
  nahmen  
  Raufereien  
  kontinuierlich  
  ab.  
  Überhaupt  
  ging  
  es  
  hier,  
  in  
  den 
  altehrwürdigen  
  Hallen  
  dieser  
  Anstalt,  
  viel  
  gesitteter  
  zu,  
  und  
  es  
  entstand  
  so 
  etwas  
  wie  
  eine  
  Klassengemeinschaft.  
  Dazu  
  trugen  
  auch  
  einige  
  der  
  Professoren 
  bei,  
  die  
  wir  
  bald  
  als  
  gemeinsamen  
  Feind  
  betrachteten.  
  Nichts  
  schweißt  
  offenbar 
  eine Gemeinschaft mehr zusammen als eine Bedrohung von außen.
  Natürlich    
  gab    
  es    
  auch    
  hier    
  wieder    
  bestimmte    
  Typen,    
  die    
  Streber,    
  die 
  Arschkriecher  
  und  
  Schleimer,  
  die  
  Petzer,  
  die  
  Feiglinge,  
  aber  
  auch  
  Aufmüpfige, 
  Ruhestörer   
  und   
  Querulanten,   
  die   
  man   
  heutzutage   
  als   
  "verhaltensoriginell" 
  bezeichnen würde, damals waren es einfach schlimme Fratzen. 
  Ich  
  selbst  
  war  
  inzwischen  
  in  
  meiner  
  Beurteilung  
  der  
  Mitmenschen  
  schon  
  etwas 
  milder,  
  hatte  
  ich  
  doch  
  erkannt,  
  dass  
  viele  
  nur  
  deshalb  
  so  
  waren,  
  weil  
  sie,  
  vom 
  Elternhaus  
  geprägt,  
  ihr  
  Verhalten  
  für  
  die  
  für  
  sie  
  bestimmte  
  und  
  geeignete  
  Form 
  der  
  Integration  
  in  
  die  
  Gemeinschaft  
  hielten.  
  Ich  
  war  
  geneigt,  
  anzuerkennen, 
  dass  
  Ängstlichkeit,  
  Begriffsstutzigkeit  
  und  
  fehlende  
  kreative  
  Fähigkeiten  
  eher 
  dem Unvermögen geschuldet waren als bewusster Bosheit. 
  Lediglich  
  mit  
  den  
  gewaltbereiten  
  Tyrannen  
  gehe  
  ich  
  bis  
  heute  
  noch  
  hart  
  ins 
  Gericht, ihr Verhalten ist nicht zu rechtfertigen!
  Je   
  geringer   
  der   
  Ärger   
  mit   
  den   
  Mitschülern   
  wurde,   
  desto   
  schlimmer   
  traten 
  einzelne  
  Lehrer  
  in  
  Erscheinung,  
  die  
  uns  
  für  
  ihre  
  ganz  
  persönlichen,  
  oft  
  noch 
  aus   
  Kriegszeiten   
  herrührenden   
  Kränkungen   
  und   
  Probleme   
  büßen   
  ließen. 
  Mitleidlose  
  Strenge,  
  heillose  
  Überforderung  
  oder  
  krankhafte  
  Autoritätssucht 
  sowie  
  völliges  
  Fehlen  
  von  
  Humor  
  kennzeichnete  
  manche  
  von  
  ihnen,  
  andere 
  schienen  
  bereits  
  biblisches  
  Greisenalter  
  erreicht  
  zu  
  haben,  
  saßen  
  vorne  
  mit 
  missmutigem     
  Gesicht     
  und     
  ließen     
  uns     
  aus     
  dem     
  Buch     
  abschreiben. 
  Unterrichtsstörung  
  wurde  
  durch  
  Strafen  
  geahndet,  
  meist  
  mussten  
  wir  
  einige 
  Seiten   
  schreiben   
  oder   
  von   
  zuhause   
  eine   
  Unterschrift   
  bringen,   
  die   
  unsere 
  disziplinäre Unzulänglichkeit bestätigen sollte. 
  Einer  
  meiner  
  Mitschüler,  
  dem  
  es  
  besonders  
  schwer  
  fiel  
  nicht  
  zu  
  schwätzen, 
 
 
  hatte  
  die  
  unheilvolle  
  Idee,  
  die  
  geforderte  
  Unterschrift  
  des  
  Vaters  
  durch  
  eine  
  List 
  zu  
  erlangen.  
  Er  
  schrieb  
  auf  
  ein  
  leeres  
  Blatt  
  mit  
  Bleistift  
  einige  
  Zeilen,  
  dass  
  wir 
  für  
  den  
  Wandertag  
  in  
  zwei  
  Wochen  
  feste  
  Schuhe  
  und  
  Regenschutz  
  bräuchten, 
  ließ  
  das  
  unterschreiben,  
  radierte  
  seinen  
  Text  
  sorgsam  
  aus  
  und  
  schrieb  
  dann 
  darüber,  
  dass  
  er  
  in  
  der  
  Mathematikstunde  
  nicht  
  aufgepasst,  
  geschwätzt,  
  gestört 
  und     
  außerdem     
  die     
  Hausübung     
  nicht     
  ordentlich     
  gemacht     
  hätte.     
  Aus 
  irgendeinem  
  Grund  
  schnitt  
  er  
  alsdann  
  mit  
  der  
  Schere  
  den  
  unteren  
  Teil  
  des 
  Blattes   
  weg,   
  sodass   
  er   
  dem   
  säuerlich   
  blickenden   
  Professor   
  einen   
  schmalen, 
  leicht  
  zerknitterten  
  Papierstreifen  
  vorlegte.  
  Dieser  
  fühlte  
  sich  
  in  
  seiner  
  Würde 
  verletzt,  
  schrieb  
  darunter:  
  Soll  
  das  
  ein  
  Witz  
  sein?,  
  und  
  verlangte  
  eine  
  zweite 
  Unterschrift.  
  Die  
  häuslichen  
  Folgen  
  waren  
  verheerend  
  und  
  der  
  Schüler  
  eine 
  zeitlang ziemlich kleinlaut.
  Andere  
  Lehrer  
  schrieben  
  vorlaute  
  Schüler  
  ins  
  Klassenbuch,  
  dies  
  mussten  
  wir 
  dann    
  unserem    
  Klassenvorstand    
  melden.    
  Der    
  war    
  zwar    
  ein    
  durchaus 
  freundlicher,  
  umgänglicher  
  älterer  
  Herr,  
  doch  
  war  
  es  
  ihm  
  sichtlich  
  zuwider,  
  für 
  seine  
  Kollegen  
  die  
  Bestrafungsarbeit  
  zu  
  übernehmen.  
  Also  
  ließ  
  er  
  sich  
  nicht 
  lumpen  
  und  
  erteilte  
  eben  
  auch  
  Strafen  
  in  
  hinreichendem  
  Ausmaß;  
  ich  
  musste 
  einmal  
  übers  
  Wochenende  
  eintausendmal  
  (!)  
  den  
  Satz  
  schreiben:  
  Ich  
  habe  
  mich 
  in  
  der  
  Schule  
  ordentlich  
  zu  
  benehmen!  
  Da  
  meine  
  Eltern  
  davon  
  nichts  
  merken 
  durften,  
  sie  
  hätten  
  zusätzlich  
  geschimpft,  
  musste  
  ich  
  heimlich,  
  in  
  den  
  Pausen, 
  während   
  anderer   
  Unterrichtsstunden   
  und   
  zum   
  Teil   
  nachts   
  schreiben.   
  Ich 
  verbrauchte  
  mehr  
  als  
  einen  
  halben  
  Schreibblock,  
  schrieb  
  jeweils  
  auf  
  einer  
  Seite 
  die  
  “Ichs”  
  untereinander,  
  dann  
  “habe”  
  usw.,  
  und  
  schaffte  
  es  
  bis  
  Montag  
  nur  
  bis 
  neunhundertfünfundfünfzig,  
  worauf  
  ich  
  einen  
  Tag  
  Verlängerung  
  und  
  zusätzlich 
  hundertmal  
  ausfasste.  
  Ich  
  weiß  
  nicht  
  einmal  
  mehr,  
  was  
  der  
  Anlass  
  für  
  diese 
  Strafe  
  war,  
  vielleicht  
  eine  
  Klassenbucheintragung  
  von  
  unserem  
  Zeichenlehrer, 
  der  
  gerne  
  über  
  sämtliche  
  Formen  
  von  
  Kitsch  
  philosophierte  
  und  
  es  
  nicht  
  ertrug, 
  wenn jemand während seiner geistigen Ausführungen zeichnete.
  Natürlich   
  gab   
  es   
  auch   
  nette,   
  freundliche,   
  menschliche   
  Lehrkräfte,   
  deren 
  Autorität    
  sich    
  auf    
  fachliche    
  Kompetenz    
  und    
  pädagogische    
  Fähigkeiten 
  gründete;  
  mit  
  der  
  Zeit  
  lernten  
  wir  
  so  
  die  
  Menschen  
  kennen,  
  eine  
  Vorbereitung 
  auf das wirkliche Leben.
 
 
  Ein guter Grund
  Ein    
  guter    
  Grund    
  zum    
  Sudern    
  waren    
  Hausübungen    
  oder    
  bevorstehende 
  Schularbeiten,  
  Tests,  
  schlechte  
  Noten,  
  die  
  man  
  unterschreiben  
  lassen  
  musste, 
  Prüfungen,    
  die    
  jederzeit    
  ohne    
  Ankündigung    
  stattfinden    
  konnten,    
  sowie 
  Sprechtage.   
  Ansprechpartner   
  für   
  Beschwerden   
  und   
  Probleme   
  war   
  stets   
  die 
  Mutter,  
  die  
  sich  
  inzwischen  
  in  
  ein  
  Soziologie-  
  und  
  Psychologiestudium  
  vertieft 
  hatte,  
  um  
  ihrerseits  
  die  
  Probleme  
  mit  
  ihrer  
  eigenen  
  Mutter  
  zu  
  ergründen  
  und 
  zu    
  verarbeiten.    
  Sie    
  schrieb    
  an    
  einer    
  Doktorarbeit    
  mit    
  dem    
  Titel    
  “Die 
  Schulleistungen     
  als     
  Sozialisationsphänomen”,     
  was     
  für     
  mich     
  ziemlich 
  abgehoben  
  klang,  
  doch  
  übernahm  
  sie,  
  wohl  
  zu  
  Studienzwecken,  
  die  
  Rolle  
  der 
  Elternvertreterin   
  unserer   
  Klasse,   
  was   
  zur   
  Folge   
  hatte,   
  dass   
  nicht   
  nur   
  ich, 
  sondern   
  auch   
  zahlreiche   
  Eltern   
  sie   
  als   
  Anlaufstelle   
  für   
  allerlei   
  Gejammer 
  benutzten.  
  Meist  
  ging  
  es  
  um  
  zu  
  strenge  
  Benotung,  
  um  
  Ungerechtigkeiten,  
  und 
  die   
  Eltern   
  erwarteten   
  sich   
  von   
  ihr,   
  dass   
  sie,   
  unter   
  Wahrung   
  strengster 
  Diskretion   
  und   
  Anonymität,   
  bei   
  den   
  entsprechenden   
  Lehrkräften   
  vorstellig 
  würde,  
  um  
  ihnen  
  gehörig  
  die  
  Meinung  
  zu  
  sagen.  
  Ich  
  glaube,  
  sie  
  hat  
  das  
  Amt 
  nach    
  ein    
  oder    
  zwei    
  Jahren    
  wieder    
  abgegeben,    
  entnervt    
  und    
  psychisch 
  ausgelaugt.    
  Für    
  ihre    
  Doktorarbeit    
  hat    
  sie    
  aber    
  ausreichend    
  Material 
  bekommen.
  Ich  
  selbst  
  begann  
  langsam  
  Gefallen  
  am  
  Schulbetrieb  
  zu  
  finden.  
  Vor  
  allem  
  die 
  öde     
  dahinkriechenden     
  Stunden     
  eröffneten     
  ein     
  überraschend     
  weites 
  Betätigungsfeld  
  für  
  kreative  
  Beschäftigungen,  
  und  
  es  
  gab  
  erstaunlicherweise 
  auch  
  Gleichgesinnte.  
  So  
  rollte  
  ich  
  in  
  den  
  Pausen  
  die  
  vierkantigen  
  Kreiden  
  so 
  lange   
  an   
  der   
  Tafel,   
  bis   
  sie   
  rund   
  waren,   
  schnitt   
  sie   
  sodann   
  während   
  der 
  Geschichts-   
  oder   
  Geographiestunde   
  in   
  Scheiben,   
  bohrte   
  vorsichtig   
  mit   
  dem 
  Zirkel  
  ein  
  Loch  
  in  
  die  
  Mitte  
  der  
  Scheiben  
  und  
  befestigte  
  jeweils  
  vier  
  mittels 
  Stecknadeln  
  an  
  einem  
  Radiergummi  
  -  
  fertig  
  war  
  das  
  Rennauto.  
  Auf  
  der  
  Atlas-
  Rückseite  
  gab  
  das  
  tolle  
  Radspuren,  
  die  
  gelegentlich  
  sogar  
  den  
  Geographielehrer 
  aus dem Konzept brachten.
  Unser  
  Geschichtsprofessor,  
  ein  
  dicker  
  alter  
  Herr,  
  pflegte  
  den  
  Unterrichtsstoff 
  mündlich  
  vorzutragen,  
  wobei  
  er  
  vorne  
  hin  
  und  
  her  
  wanderte  
  und  
  seine  
  Finger 
  dabei  
  gedankenverloren  
  über  
  die  
  Bänke  
  in  
  der  
  ersten  
  Reihe  
  gleiten  
  ließ.  
  Ich  
  saß 
  damals  
  mit  
  meinem  
  Freund  
  in  
  eben  
  dieser  
  ersten  
  Reihe,  
  und  
  wir  
  ließen  
  uns 
  allerlei  
  einfallen.  
  Wir  
  bauten  
  kleine  
  Sprungschanzen  
  aus  
  Karton  
  und  
  ließen  
  die 
  vorbeiziehenden  
  Finger  
  des  
  Lehrers  
  über  
  verschiedene  
  Hindernisse  
  springen: 
  Bleistifte,  
  Radiergummi,  
  ein  
  Essiggurkerl  
  vom  
  Jausenbrot  
  oder  
  eine  
  tote  
  Fliege. 
  Gelegentlich  
  streuten  
  wir  
  Kreidestaub  
  auf  
  die  
  Bank,  
  der  
  ja  
  bei  
  der  
  Herstellung 
  von   
  Autorädern   
  reichlich   
  abfällt,   
  auch   
  Radiergummi-Wutzerl,   
  Sand   
  oder 
  Sägemehl  
  waren  
  geeignete  
  Materialien.  
  Wenn  
  einer  
  von  
  uns  
  ein  
  Honig-  
  oder 
  Marmeladenbrot  
  dabei  
  hatte,  
  ergaben  
  sich  
  interessante  
  Kombinationen:  
  würde 
  der Finger nach der Sprungschanze im Honig oder in der Marmelade landen?
  Der  
  Lehrer  
  wischte  
  sich  
  dann  
  meist  
  seinen  
  Finger  
  an  
  der  
  Hose  
  ab,  
  ohne  
  auch 
  nur einmal der Ursache dieser Unregelmäßigkeit gewahr zu werden.
  Auch  
  andere  
  hatten  
  treffliche  
  Ideen.  
  Da  
  zu  
  Beginn  
  der  
  ersten  
  Stunde  
  immer 
  gefragt  
  wurde,  
  ob  
  jemand  
  fehle  
  und  
  der  
  Lehrer  
  den  
  Betreffenden  
  sodann  
  im 
  Klassenbuch   
  vermerkte,   
  worauf   
  die   
  folgenden   
  den   
  Namen   
  in   
  jeder   
  Stunde 
  abschrieben,  
  nannten  
  wir  
  einmal  
  den  
  Schüler  
  Paul  
  Müller  
  als  
  fehlend.  
  Nun  
  gab 
  es  
  diesen  
  Schüler  
  zwar  
  nicht,  
  aber  
  der  
  Mathematiklehrer  
  schrieb  
  ihn  
  ohne  
  mit 
  der   
  Wimper   
  zu   
  zucken   
  ins   
  Klassenbuch.   
  Auch   
  die   
  nächsten   
  drei   
  oder   
  vier 
  Lehrkräfte  
  vermerkten  
  das  
  Fehlen  
  von  
  Paul  
  Müller;  
  erst  
  unser  
  allseits  
  sehr 
  geschätzter    
  Religionslehrer    
  erkannte    
  sofort    
  den    
  Scherz    
  und    
  strich    
  den 
  Fehlenden lachend wieder aus.
  Dieser  
  Religionslehrer  
  erwarb  
  sich  
  auch  
  bei  
  anderen  
  Gelegenheiten  
  unseren 
  Respekt.  
  Da  
  unsere  
  Klasse  
  in  
  einem  
  einsamen  
  Gang  
  lag,  
  kamen  
  wir  
  auf  
  die 
  sportliche  
  Idee,  
  einen  
  Wettbewerb  
  im  
  Hochsprung  
  durchzuführen.  
  Die  
  Wände 
  waren   
  lange   
  nicht   
  mehr   
  gestrichen   
  worden,   
  und   
  wenn   
  man   
  mit   
  der   
  Hand 
 
 
  daraufschlug,  
  blieb  
  ein  
  weißer  
  Abdruck  
  an  
  der  
  staubigen  
  Wand.  
  Wir  
  sprangen 
  also  
  in  
  der  
  Pause  
  an  
  der  
  Wand  
  hoch  
  und  
  versuchten,  
  unsere  
  Hände  
  möglichst 
  weit  
  oben  
  zu  
  platzieren.  
  Wir  
  waren  
  mitten  
  im  
  eifrigsten  
  Wettkampf,  
  als  
  der 
  Herr  
  Direktor  
  um  
  die  
  Ecke  
  bog.  
  Wie  
  das  
  Schicksal  
  so  
  spielt,  
  war  
  gerade  
  ich  
  am 
  Springen     
  und     
  die     
  anderen     
  schafften     
  es     
  noch     
  irgendwie,     
  harmlos 
  umherzuschlendern  
  oder  
  aus  
  dem  
  Fenster  
  zu  
  blicken.  
  Das  
  gab  
  natürlich  
  ein 
  Donnerwetter.  
  Der  
  Direktor,  
  ein  
  kleiner,  
  rundlicher  
  Herr  
  Hofrat,  
  besah  
  sich  
  die 
  weißfleckige   
  Wand   
  und   
  erklärte,   
  ich   
  würde   
  für   
  den   
  Schaden   
  aufzukommen 
  haben,  
  denn  
  ein  
  Neuanstrich  
  sei  
  unumgänglich.  
  Da  
  es  
  gerade  
  läutete,  
  kündigte 
  er  
  an,  
  er  
  werde  
  in  
  der  
  nächsten  
  Pause  
  mit  
  dem  
  Schulwart  
  die  
  voraussichtliche 
  Schadenshöhe     
  feststellen.     
  Ich     
  war     
  natürlich     
  verzweifelt,     
  doch     
  einige 
  Klassenkameraden  
  hatten  
  die  
  rettende  
  Idee:  
  wenn  
  man  
  die  
  ganze  
  Wand  
  mit 
  dem  
  Tafeltuch  
  abwischte,  
  verschwanden  
  die  
  Handspuren  
  und  
  die  
  Wand  
  war 
  sauber.   
  Wir   
  hatten   
  in   
  dieser   
  Stunde   
  Religion,   
  und   
  der   
  Lehrer,   
  der   
  die   
  Not 
  sogleich  
  erkannte,  
  ließ  
  uns  
  nicht  
  nur  
  während  
  seiner  
  Stunde  
  die  
  Wand  
  wischen, 
  wir  
  durften  
  sogar  
  einen  
  Tisch  
  hinaustragen,  
  um  
  bis  
  in  
  die  
  obersten  
  Ecken  
  zu 
  gelangen.  
  Das  
  Ergebnis  
  überzeugte  
  sowohl  
  den  
  Schulwart  
  als  
  auch  
  den  
  Direktor 
  und   
  es   
  gab   
  nur   
  noch   
  einen   
  milden   
  Tadel   
  für   
  meine   
  Kindereien.   
  Nicht 
  auszudenken, wenn wir statt Religion Latein gehabt hätten…
  Einmal,  
  im  
  Fasching,  
  brachte  
  einer  
  von  
  uns  
  eine  
  Stinkbombe  
  mit.  
  Das  
  war 
  natürlich    
  eine    
  Sensation,    
  denn    
  niemand    
  hatte    
  vorher    
  je    
  eine    
  gesehen, 
  geschweige  
  denn  
  gerochen.  
  Wir  
  betrachteten  
  sie  
  ehrfürchtig.  
  Es  
  war  
  eine  
  kleine, 
  längliche   
  Glasampulle   
  mit   
  einem   
  dünnen   
  Hals.   
  Daran   
  klebte   
  eine   
  winzige 
  Metallsäge,  
  mit  
  der  
  man  
  den  
  Hals  
  anritzen  
  sollte,  
  um  
  ihn  
  abzubrechen.  
  Und 
  dann  
  würde  
  sich  
  der  
  unsagbar  
  eklige  
  Geruch  
  ausbreiten.  
  Es  
  war  
  ein  
  unglaublich 
  erregender,   
  fast   
  heiliger   
  Moment,   
  und   
  doch   
  gemahnte   
  uns   
  die   
  Vernunft, 
  umsichtig  
  zu  
  sein.  
  Der  
  Gestank  
  würde  
  sicher  
  geraume  
  Zeit  
  im  
  Klassenzimmer 
  verweilen   
  und   
  wehe,   
  wenn   
  wir   
  da   
  an   
  den   
  Falschen   
  gerieten.   
  Aber   
  in   
  der 
  übernächsten   
  Stunde   
  hatten   
  wir   
  ja   
  Religion,   
  da   
  würde   
  uns   
  schon   
  nichts 
  passieren.  
  Der  
  Unterricht  
  zog  
  sich  
  dahin,  
  dann  
  läutete  
  es  
  zur  
  Pause  
  und  
  wir 
  umringten   
  gespannt   
  den   
  Bombenexperten,   
  der   
  nun   
  zu   
  ritzen   
  begann.   
  Wir 
  hielten  
  uns  
  übers  
  Waschbecken,  
  jemand  
  meinte,  
  es  
  würde  
  schon  
  reichen  
  und 
  tatsächlich  
  -  
  mit  
  einem  
  Knacken  
  brach  
  der  
  Flaschenhals  
  und  
  sogleich  
  füllte  
  ein 
  unbeschreiblicher   
  Gestank   
  nach   
  faulen   
  Eiern,   
  Darmgasen   
  und   
  Morast   
  die 
  Klasse.    
  Die    
  Umstehenden    
  wichen    
  jäh    
  zurück,    
  die    
  Ampulle    
  landete    
  im 
  Papierkorb  
  und  
  jeder  
  lief  
  zu  
  seinem  
  Platz,  
  angeekelt,  
  aber  
  zufrieden,  
  denn  
  wer 
  nicht  
  wenigstens  
  einmal  
  im  
  Leben  
  eine  
  Stinkbombe  
  gerochen  
  hat,  
  der  
  kann 
  wahrlich fürderhin nicht mitreden. 
  Inzwischen  
  war  
  auch  
  der  
  letzte  
  Winkel  
  des  
  Klassenzimmers  
  von  
  Gestank  
  erfüllt, 
  man  
  hörte  
  da  
  und  
  dort  
  leise  
  Würgegeräusche,  
  wobei  
  mir  
  auffiel,  
  dass  
  sich  
  die 
  Mädchen   
  erstaunlich   
  gut   
  gehalten   
  hatten.   
  Offensichtlich   
  waren   
  sie   
  ebenso 
  neugierig  
  wie  
  wir  
  Buben.  
  Doch  
  nun  
  erhob  
  sich  
  die  
  bange  
  Frage:  
  Was  
  würde 
  geschehen,   
  wenn   
  der   
  Religionslehrer   
  hereinkam?   
  Würde   
  er   
  etwas   
  merken? 
  Ganz  
  sicher!  
  Würde  
  er  
  schimpfen?  
  Würde  
  er  
  den  
  Schuldigen  
  ermitteln  
  wollen, 
  bestrafen?  
  Da  
  ging  
  auch  
  schon  
  die  
  Tür  
  auf,  
  und  
  er  
  kam  
  herein,  
  jung,  
  sportlich, 
  humorvoll.  
  Ich  
  vermute,  
  er  
  erfasste  
  im  
  ersten  
  Moment  
  die  
  Situation,  
  denn  
  er  
  tat 
  so,  
  als  
  sei  
  gar  
  nichts  
  Besonderes.  
  Er  
  öffnete  
  das  
  Fenster,  
  was  
  uns  
  ja  
  verboten 
  war,  
  setzte  
  sich  
  auf  
  die  
  Fensterbank,  
  schlug  
  sein  
  Buch  
  auf  
  und  
  meinte,  
  wir 
  würden   
  heute   
  einmal   
  etwas   
  lesen.   
  Wir   
  waren   
  sprachlos,   
  denn   
  damit   
  hatte 
  keiner  
  gerechnet.  
  Wir  
  saßen  
  im  
  Gestank,  
  er  
  an  
  der  
  frischen  
  Luft;  
  doch  
  dann 
  begann  
  er  
  zu  
  grinsen,  
  forderte  
  uns  
  auf,  
  alle  
  Fenster  
  zu  
  öffnen  
  und  
  die  
  Reste  
  der 
  Stinkbombe  
  geruchsdicht  
  einzuwickeln.  
  “Was  
  hättet  
  ihr  
  gemacht”,  
  fragte  
  er, 
  “wenn euer Klassenvorstand hereingekommen wäre?” Wir wussten es nicht.
  Unser   
  Religionslehrer   
  war   
  einer   
  der   
  ganz   
  wenigen,   
  die   
  uns   
  wirklich   
  nie 
  enttäuscht haben.
 
  
 
 
 
 
 
  Ein unliebsames Erlebnis
  Ein  
  unliebsames  
  Erlebnis  
  mit  
  Gleichaltrigen  
  gab  
  es  
  auf  
  einem  
  sogenannten 
  STUWE-Wochenende.   
  STUWE,   
  das   
  Studentenwerk,   
  war   
  eine   
  katholische 
  Einrichtung,  
  damals  
  noch  
  im  
  Alten  
  Dom  
  untergebracht,  
  wo  
  mich  
  meine  
  Mutter 
  hinschickte,  
  weil  
  sie  
  irgendwen  
  kannte,  
  der  
  auch  
  dort  
  war.  
  Die  
  Nachmittage 
  waren  
  ganz  
  nett,  
  so  
  eine  
  Art  
  Jungschargruppe  
  mit  
  einem  
  Gruppenleiter  
  aus  
  der 
  siebten  
  Klasse  
  Gymnasium.  
  Er  
  las  
  uns  
  gute  
  Geschichten  
  vor,  
  wir  
  erhielten  
  auch 
  einmal   
  eine   
  Führung   
  in   
  den   
  gruseligen   
  Katakomben   
  des   
  Alten   
  Domes, 
  eigentlich  
  eine  
  Gruft,  
  mit  
  echten  
  Särgen  
  und  
  kalter  
  Finsternis,  
  einmal  
  bestiegen 
  wir   
  den   
  Turm   
  des   
  Neuen   
  Domes   
  und   
  ließen   
  von   
  dort   
  einen   
  Papierflieger 
  davonsausen,  
  außerdem  
  gab  
  es  
  Filmvorführungen  
  -  
  ich  
  sah  
  damals  
  “Quo  
  vadis” 
  -  
  sowie  
  einen  
  Coca-Cola-Automaten,  
  in  
  den  
  ich  
  viele  
  Schillinge  
  hineinsteckte, 
  sowie einen Tischfußballtisch, auch Wutzler genannt.
  Dieses   
  Studentenwerk   
  bot   
  auch   
  Wochenenden   
  für   
  die   
  Jugend   
  an,   
  in   
  einer 
  Mühle  
  im  
  Mühlviertel,  
  wo  
  ich  
  natürlich  
  ebenfalls  
  hingeschickt  
  wurde.  
  Es  
  gab 
  Lagerfeuer  
  mit  
  Würstelgrillen,  
  einen  
  Bach  
  zum  
  Erforschen  
  und  
  verschiedene 
  Spiele.    
  Das    
  Problem    
  war    
  die    
  Übernachtung.    
  Wir    
  lagen    
  auf    
  einer    
  Art 
  Tennenboden  
  auf  
  Matratzen  
  in  
  einer  
  Reihe,  
  man  
  kam  
  nur  
  über  
  eine  
  Leiter 
  hinauf,  
  wir  
  hatten  
  Schlafsäcke  
  und  
  Polster  
  von  
  zuhause  
  dabei  
  und  
  ab  
  einer 
  gewissen  
  Uhrzeit  
  hatte  
  Nachtruhe  
  zu  
  herrschen.  
  Beaufsichtigt  
  wurden  
  wir  
  von 
  älteren  
  Schülern  
  oder  
  Studenten,  
  die  
  uns  
  damals,  
  ich  
  war  
  vielleicht  
  elf,  
  schon 
  wie  
  Erwachsene  
  vorkamen.  
  Sie  
  schliefen  
  in  
  einem  
  anderen  
  Teil  
  des  
  Gebäudes, 
  kamen  
  aber  
  immer  
  wieder  
  zu  
  Kontrollzwecken  
  herüber.  
  Leider  
  gab  
  es  
  unter 
  den   
  Matratzenschläfern   
  auch   
  minderwertige   
  Charaktere,   
  die   
  Gefallen   
  daran 
  fanden,  
  jemanden  
  zu  
  quälen,  
  nämlich  
  mich.  
  Es  
  waren  
  blonde  
  Zwillinge,  
  die  
  ich 
  nicht       
  kannte,       
  sportlich       
  durchtrainiert       
  und       
  offensichtlich       
  noch 
 
 
  unternehmungslustig.    
  Ich    
  war,    
  wie    
  gesagt,    
  ihr    
  Opfer.    
  Sie    
  fragten    
  mich 
  scheinheilig,  
  ob  
  ich  
  schon  
  einmal  
  etwas  
  von  
  Muskelreiten  
  gehört  
  hätte,  
  und  
  ich 
  verneinte  
  wahrheitsgemäß.  
  Daraufhin  
  hielt  
  mich  
  der  
  eine  
  in  
  Rückenlage  
  fest, 
  während  
  der  
  andere  
  mit  
  seinen  
  Knien  
  auf  
  meinen  
  Oberarmen  
  herumrutschte 
  und  
  mir  
  gleichzeitig  
  den  
  Mund  
  zuhielt.  
  Es  
  tat  
  scheußlich  
  weh,  
  ich  
  versuchte  
  zu 
  schreien,    
  brachte    
  aber    
  nur    
  unterdrückte    
  Laute    
  heraus.    
  Glücklicherweise 
  erschien  
  aber  
  gleich  
  darauf  
  ein  
  Aufpasser,  
  doch  
  bis  
  dieser  
  die  
  Leiter  
  erklommen 
  hatte,  
  um  
  die  
  Ursache  
  des  
  Tumultes  
  zu  
  ergründen,  
  lagen  
  alle  
  wieder  
  auf  
  ihren 
  Plätzen  
  und  
  stellten  
  sich  
  schlafend.  
  Einer  
  der  
  beiden  
  Brutalinskis  
  hatte  
  mir 
  noch  
  zugeflüstert,  
  ja  
  nichts  
  zu  
  sagen,  
  sonst  
  würde  
  es  
  mir  
  schlecht  
  ergehen.  
  Der 
  Aufpasser  
  blickte  
  streng  
  über  
  das  
  Lager  
  hin  
  und  
  entschied  
  dann  
  spontan,  
  dass 
  ich
    
  wohl  
  der  
  Urheber  
  der  
  Störung  
  gewesen  
  sei.  
  Keine  
  Ahnung,  
  worauf  
  sich 
  dieser  
  Verdacht  
  gründete.  
  Ich  
  musste  
  jedenfalls  
  mit  
  ihm  
  hinauskommen,  
  was 
  mir  
  ganz  
  recht  
  war.  
  In  
  einem  
  Nebenraum  
  hatte  
  ich  
  dann  
  ein  
  paar  
  Kniebeugen 
  zu  
  machen  
  und  
  wurde  
  schließlich,  
  versehen  
  mit  
  einem  
  milden  
  Tadel,  
  wieder 
  zurückgeschickt.  
  Ich  
  war  
  leider  
  zu  
  feige  
  gewesen,  
  von  
  meinem  
  Martyrium  
  zu 
  berichten,  
  beschloss  
  aber,  
  im  
  Wiederholungsfalle  
  gleich  
  lauthals  
  loszubrüllen. 
  Die   
  restliche   
  Nacht   
  verlief   
  allerdings   
  ruhig,   
  nur   
  konnte   
  ich   
  lange   
  nicht 
  einschlafen,  
  denn  
  nachträglich  
  beschäftigte  
  mich  
  die  
  Frage,  
  warum  
  mir  
  keiner 
  der anderen geholfen hat. 
  Ich  
  strafte  
  die  
  beiden  
  Übeltäter  
  am  
  nächsten  
  Tag  
  durch  
  eisiges  
  Ignorieren  
  ihrer 
  Anwesenheit,  
  was  
  sie  
  aber  
  nicht  
  zu  
  stören  
  schien.  
  Ich  
  kann  
  nicht  
  verhehlen, 
  dass  
  sich  
  in  
  meinem  
  kindlichen  
  Gemüt  
  grausame  
  Rachegedanken  
  formierten, 
  die  
  eines  
  Christenmenschen  
  jedenfalls  
  unwürdig  
  waren.  
  Glücklicherweise  
  bin 
  ich diesen zwei Unmenschen später nie wieder begegnet.
 
 
 
 
 
 
  Die Schulzeit
  Die   
  Schulzeit   
  hat,   
  nachträglich   
  betrachtet,   
  den   
  bedeutendsten   
  Einfluss   
  auf 
  meine  
  Menschwerdung  
  ausgeübt  
  und  
  ich  
  vermute,  
  dass  
  diese  
  Erkenntnis  
  auch 
  für   
  die   
  meisten   
  anderen   
  gilt.   
  Da   
  man   
  nämlich   
  als   
  Kind   
  noch   
  kaum   
  den 
  Durchblick,  
  den  
  Mut  
  oder  
  die  
  nötige  
  Schlagfertigkeit  
  besitzt,  
  um  
  in  
  prekären 
  Situationen  
  erfolgreich  
  zu  
  bestehen,  
  diese  
  sich  
  andererseits  
  bis  
  ins  
  hohe  
  Alter 
  gleich    
  Filmszenen    
  in    
  Seele    
  und    
  Gedächtnis    
  eingraben,    
  sodass    
  man    
  oft 
  jahrzehntelang  
  darüber  
  nachgrübelt,  
  was  
  man  
  damals  
  eigentlich  
  hätte  
  tun  
  und 
  sagen  
  sollen,  
  ist  
  es  
  kein  
  Wunder,  
  dass  
  Erwachsene  
  mit  
  Vorliebe  
  an  
  den  
  Lehrern 
  ganz  
  allgemein  
  herumnörgeln,  
  teils  
  aus  
  Neid  
  auf  
  die  
  langen  
  Ferien  
  und  
  die 
  geringe   
  Anzahl   
  der   
  Unterrichtsstunden,   
  teils   
  auch,   
  weil   
  sie   
  ihre   
  eigenen 
  Erfahrungen    
  aus    
  der    
  Schulzeit    
  nun    
  bequemerweise    
  auf    
  einen    
  ganzen 
  Berufsstand projezieren können.
  Ich    
  selbst    
  empfand    
  mich    
  mehr    
  und    
  mehr    
  als    
  Spätentwickler,    
  der    
  den 
  schulischen   
  Anforderungen   
  verzweifelt   
  hinterherschwamm,   
  während   
  andere 
  kein   
  Problem   
  damit   
  zu   
  haben   
  schienen,   
  stundenlang   
  für   
  Schularbeiten   
  zu 
  lernen  
  und  
  brav  
  die  
  Hausübungen  
  zu  
  machen.  
  Dafür  
  entwickelte  
  sich  
  nach  
  und 
  nach  
  ein  
  Sinn  
  für  
  witzige,  
  skurrile,  
  absurde  
  und  
  groteske  
  Situationen.  
  Auch 
  gelang  
  es  
  mir  
  im  
  Laufe  
  der  
  Jahre  
  immer  
  besser,  
  solche  
  Eigenheiten  
  bei  
  Lehrern 
  und   
  Mitschülern   
  zu   
  erspüren,   
  woraus   
  sich   
  dann   
  auch   
  wirklich   
  etliche   
  sehr 
  tragfähige Sympathien entwickelten.
  Meine  
  damalige  
  berufliche  
  Zielvorstellung  
  war  
  die  
  Verhaltensforschung.  
  Ich 
  wollte  
  Tiere  
  beobachten  
  und  
  übte  
  mich,  
  in  
  Ermangelung  
  an  
  solchen,  
  in  
  der 
  Erforschung    
  des    
  Verhaltens    
  von    
  Lehrkräften.    
  Ich    
  fand    
  sogar    
  ein    
  paar 
 
 
  gleichgesinnte  
  Kameraden.  
  Gemeinsam  
  legten  
  wir  
  Listen  
  an,  
  welcher  
  Lehrer 
  welche  
  Wörter  
  immer  
  wieder  
  sagte.  
  So  
  pflegte  
  etwa  
  unser  
  neuer  
  Biologielehrer 
  gerne  
  “nun”  
  zu  
  sagen  
  sowie  
  die  
  originelle  
  Wendung  
  “komm,  
  geh!”  
  als  
  Antwort 
  auf   
  fachlich   
  unzulängliche   
  Schülermeldungen.   
  Auch   
  “also”   
  kam   
  signifikant 
  gehäuft  
  vor  
  und  
  oft  
  war  
  es  
  am  
  Ende  
  der  
  Stunde  
  ein  
  spannendes  
  Finish,  
  welches 
  Wörtchen  
  wohl  
  den  
  ersten  
  Rang  
  erzielen  
  würde.  
  Andere  
  wieder  
  sagten  
  laufend 
  “äh”   
  oder   
  sprachen   
  das   
  “Und”   
  wie   
  “Ond”   
  aus,   
  was   
  ebenfalls   
  dokumentiert 
  wurde.  
  Im  
  Laufe  
  der  
  Wochen  
  und  
  Monate  
  entstanden  
  umfangreiche  
  Listen,  
  die 
  auszugsweise sogar ihren Weg in eine Maturazeitung gefunden haben.
  Natürlich  
  haben  
  wir  
  auch  
  originelle  
  Situationen  
  und  
  Versprecher  
  als  
  Stilblüten 
  gesammelt.  
  So  
  wurde  
  ich  
  einmal,  
  als  
  ich  
  zur  
  Prüfung  
  aufgerufen  
  wurde  
  und  
  mit 
  aufgekrempelten   
  Ärmeln   
  nach   
  vorne   
  schritt,   
  gefragt,   
  ob   
  mein   
  Vater   
  denn 
  Fleischhacker  
  sei.  
  Die  
  passende  
  Antwort  
  wäre  
  natürlich  
  gewesen:  
  “Ein  
  Glück 
  für  
  Sie,  
  dass  
  er  
  das  
  nicht  
  ist!”,  
  aber  
  so  
  etwas  
  fällt  
  einem  
  halt  
  erst  
  nach  
  Jahren 
  ein.  
  So  
  schüttelte  
  ich  
  nur  
  stumm  
  den  
  Kopf  
  und  
  fürchtete  
  mich  
  ein  
  bisschen  
  vor 
  der bevorstehenden Prüfung. 
  Verstöße   
  gegen   
  die   
  Hausordnung   
  wurden   
  nach   
  wie   
  vor   
  im   
  Klassenbuch 
  vermerkt,  
  was  
  zur  
  Folge  
  hatte,  
  dass  
  einer  
  von  
  uns  
  eines  
  Tages  
  das  
  Klassenbuch 
  still  
  und  
  heimlich  
  in  
  seine  
  Schultasche  
  packte  
  und  
  zuhause  
  sicher  
  verwahrte.  
  Es 
  wurde  
  wochenlang  
  vergeblich  
  in  
  der  
  ganzen  
  Schule  
  danach  
  gesucht,  
  vergeblich 
  wurde    
  nach    
  dem    
  Schuldigen    
  gefahndet.    
  Kopierte    
  Seiten    
  aus    
  diesem 
  denkwürdigen Dokument erschienen Jahre später in der Maturazeitung…
 
 
   
 
 
  Mozartschule 1. Klasse Volksschule 1965/66
 
 
 
 
 
 
  In meiner Freizeit
  In  
  meiner  
  Freizeit,  
  die  
  ich,  
  soweit  
  es  
  meine  
  Mutter  
  zuließ,  
  bis  
  an  
  die  
  Grenzen 
  des  
  gerade  
  noch  
  Vertretbaren  
  ausdehnte,  
  beschäftigte  
  ich  
  mich  
  hauptsächlich 
  mit  
  Tieren.  
  Ich  
  las  
  Tiergeschichten,  
  studierte  
  Tierbücher  
  und  
  hatte  
  natürlich, 
  ich    
  wollte    
  ja    
  Verhaltensforscher    
  werden,    
  den    
  sehnlichen    
  Wunsch    
  nach 
  Haustieren.  
  Wir  
  hatten  
  seit  
  meinem  
  achten  
  Lebensjahr  
  zwei  
  Kanarienvögel. 
  Pipsi,  
  das  
  Männchen,  
  sang  
  fleißig,  
  während  
  Sissi,  
  seine  
  Gefährtin,  
  brav  
  ihr  
  Nest 
  baute  
  und  
  oftmals  
  Eier  
  legte,  
  aus  
  denen  
  zu  
  meiner  
  großen  
  Enttäuschung  
  nie 
  etwas  
  schlüpfte.  
  Schon  
  bald  
  kam  
  noch  
  ein  
  Pärchen  
  Zebrafinken  
  dazu  
  und  
  etwas 
  später    
  bekam    
  ich    
  von    
  meinem    
  Taufpaten,    
  unserem    
  Hausarzt,    
  einem 
  gemütlichen,  
  freundlichen  
  dicklichen  
  älteren  
  Herrn,  
  zu  
  meiner  
  großen  
  Freude 
  zum  
  Geburtstag  
  ein  
  Paar  
  Wellensittiche.  
  Nun  
  herrschte  
  fröhliches  
  Gezwitscher 
  in   
  meinem   
  Zimmer.   
  Nach   
  der   
  Schule   
  wurden   
  die   
  Käfige   
  geöffnet   
  und   
  die 
  Vögelchen  
  flogen  
  frei  
  herum.  
  Meist  
  saßen  
  sie  
  dann  
  zufrieden  
  ganz  
  oben  
  auf  
  den 
  Karniesen.   
  Wenn   
  es   
  wieder   
  Zeit   
  für   
  den   
  Käfig   
  war,   
  pflegte   
  ich   
  an   
  den 
  Vorhängen  
  zu  
  rütteln,  
  wobei  
  ich  
  einmal  
  eine  
  Karniese  
  halb  
  herunterriss.  
  Dieser 
  Vorfall  
  brachte  
  mir  
  immerhin  
  außer  
  einer  
  mütterlichen  
  Schimpftirade  
  eine  
  gute 
  Note  
  bei  
  der  
  nächsten  
  Deutsch-Schularbeit  
  ein.  
  Das  
  Thema  
  lautete:  
  Als  
  ich 
  einmal große Angst hatte.
  Mein  
  besonderer  
  Wunsch  
  war  
  schon  
  länger  
  eine  
  Schildkröte.  
  Meine  
  Mutter 
  wollte   
  davon   
  nichts   
  wissen,   
  also   
  musste   
  ich   
  zur   
  Selbsthilfe   
  schreiten.   
  Ich 
  erwarb  
  heimlich  
  ein  
  Exemplar  
  in  
  einer  
  Tierhandlung  
  und  
  hielt  
  sie  
  einige  
  Tage 
  lang  
  heimlich  
  in  
  unserem  
  geräumigen  
  Abstellzimmer  
  versteckt;  
  als  
  sie  
  entdeckt 
  wurde,  
  gab  
  es  
  wieder  
  die  
  übliche  
  mütterliche  
  Schimpftirade  
  sowie  
  eine  
  weitere 
  gute  
  Note  
  für  
  einen  
  Aufsatz:  
  Mein  
  Haustier.  
  Greti,  
  die  
  (männliche)  
  Griechische 
  Landschildkröte,  
  bekam  
  dafür  
  alsbald  
  ein  
  Weibchen  
  dazu,  
  das  
  Georgy  
  getauft 
  wurde.  
  Bald  
  konnten  
  die  
  zwei  
  in  
  ein  
  schönes  
  Gehege  
  im  
  Garten  
  übersiedeln.  
  Im 
  Lauf   
  der   
  Jahre   
  kamen   
  immer   
  wieder   
  Neuerwerbungen   
  dazu;   
  die   
  letzte   
  aus 
  dieser  
  Zeit  
  starb  
  im  
  Frühjahr  
  2018  
  unter  
  ungeklärten  
  Umständen.  
  Wir  
  hatten 
  sie fast fünfzig Jahre lang. 
  Mit  
  einem  
  Schulfreund  
  gründete  
  ich  
  ca.  
  1973  
  die  
  Turtle  
  Corporation,  
  wofür  
  wir 
  von  
  einem  
  Mitschüler  
  drei  
  kleinere  
  Griechische  
  Landschildkröten  
  erwarben, 
  die dieser von einer Griechenlandreise selbst mitgebracht hatte.
  Über die Schildkröten wird zu späterer Gelegenheit noch berichtet werden. 
 
 
  Auf    
  Wochenendausflügen,    
  vornehmlich    
  ins    
  Mühlviertel,    
  erkundete    
  ich 
  gewissenhaft   
  sämtliche   
  Teiche,   
  Tümpel   
  und   
  Bäche   
  und   
  kannte   
  schon   
  bald 
  sämtliche  
  Insektenlarven,  
  Molche,  
  Unken,  
  Kröten  
  und  
  Frösche.  
  Da  
  mein  
  Vater 
  ein      
  begeisterter      
  Fotograf      
  war      
  und      
  mir      
  natürlich      
  frühzeitig      
  eine 
  Spiegelreflexkamera  
  geschenkt  
  hatte,  
  konnte  
  ich  
  viele  
  meiner  
  Entdeckungen 
  auf   
  Film   
  bannen.   
  Ich   
  verbrachte   
  damals   
  manch   
  spannenden   
  Abend   
  mit 
  meinem  
  Vater  
  in  
  der  
  Dunkelkammer,  
  wo  
  wir  
  Schwarzweiß-Filme  
  entwickelten 
  und  
  vergrößerten,  
  in  
  der  
  Badewanne  
  wässerten  
  und  
  schließlich  
  zum  
  Trocknen 
  mit Kluppen an die Wäscheleine hängten. 
  Überhaupt  
  ließ  
  sich  
  mein  
  Vater  
  schnell  
  für  
  alles  
  Mögliche  
  begeistern  
  und  
  hatte 
  dann   
  nicht   
  selten   
  mehr   
  Ausdauer   
  als   
  ich.   
  Er   
  baute   
  eine   
  Modelleisenbahn, 
  begann  
  das  
  Briefmarkensammeln  
  und  
  wurde  
  schließlich  
  sogar  
  Aquarianer.  
  Ich 
  hatte  
  nämlich  
  am  
  Heimweg  
  von  
  der  
  Schule  
  in  
  einer  
  Zoohandlung  
  interessante 
  rötliche  
  Wasserschnecken  
  gesehen,  
  einige  
  zusammen  
  mit  
  einer  
  Wasserpflanze 
  erworben und zuhause in einem großen Weckglas am Fensterbrett stationiert.
  Mein  
  Vater  
  begutachtete  
  die  
  Unterbringung  
  etwas  
  skeptisch  
  und  
  brachte  
  am 
  nächsten   
  Tag   
  ein   
  kleines   
  Plastikaquarium   
  daher,   
  womit   
  der   
  Grundstein   
  für 
  unser  
  beider  
  Aquarianerlaufbahn  
  gelegt  
  war:  
  ins  
  Schneckenaquarium  
  kam  
  ein 
  kleiner  
  Goldfisch,  
  schon  
  bald  
  folgten  
  die  
  ersten  
  größeren  
  Glasaquarien,  
  mein 
  Vater   
  stellte   
  im   
  Wohnzimmer   
  ein   
  eigenes   
  auf,   
  mit   
  Goldfischen   
  und   
  einem 
  Zwergwels   
  und   
  in   
  den   
  kleinen   
  Plastikbecken   
  tummelten   
  sich   
  Wasserkäfer, 
  Kaulquappen  
  und  
  Libellenlarven,  
  Teichschnecken,  
  die  
  ein  
  ganzes  
  Salatblatt  
  an 
  einem      
  Tag      
  auffressen      
  konnten,      
  weiters      
  Blutegel,      
  Tubifex-Würmer, 
  Wasserskorpione  
  und  
  Gelsenlarven.  
  Vor  
  den  
  Ferien  
  wurde  
  dieses  
  Getier  
  in  
  die 
  Natur    
  entlassen,    
  die    
  Fische,    
  samt    
  Wels,    
  in    
  einen    
  städtischen    
  Teich    
  in 
  Bahnhofsnähe.      
  Die      
  Vögel      
  und      
  Schildkröten      
  übersiedelten      
  zu      
  den 
  väterlicherseitigen Großeltern, die in ländlicher Idylle in Urfahr wohnten. 
  Als  
  ich  
  klein  
  war,  
  hatten  
  diese  
  Großeltern  
  noch  
  Ziegen  
  und  
  Hühner,  
  im  
  Haus 
  roch   
  es   
  nach   
  frischen   
  Äpfeln,   
  alten   
  Kartoffeln   
  und   
  Mäusekot,   
  im   
  riesigen 
  Garten   
  gab   
  es   
  Holzschuppen,   
  ein   
  kleines   
  Nebengebäude,   
  man   
  konnte   
  Igel 
  beobachten   
  und   
  gelegentlich   
  sogar   
  einen   
  Fasan   
  oder   
  einen   
  Feldhasen.   
  Hier 
  wollte ich dereinst leben! 
  Natürlich ist daraus nichts geworden. Heute steht dort eine Feinkostfirma.
  Fortsetzung folgt!