Ein Grundstück in Griechenland
Immerhin    gelang    es    uns    als    nächstes,    am    Gemeindeamt    unsere Grunderwerbsabsichten    zu    deponieren    und    wir    erhielten    eine Steuernummer, was uns als kleiner Teilerfolg mit Freude erfüllte. Der   nächste   Schritt   war   nun,   das   Grundstück   vermessen   zu   lassen. Unser   Wirt   vermittelte   uns   einen   seiner   alten   Schulfreunde,   der auch   tatsächlich   nach   wenigen   Tagen   in   Begleitung   seines   älteren Gehilfen   erschien.   Nachdem   auch   die   verfeindeten   Brüder,   durch die   Aussicht   auf   unser   Geld   etwas   milder   gestimmt,   eingetroffen waren,     gingen     wir     in     Begleitung     von     Janni,     unserem     Wirt, Vertrauensmann   und   Dolmetscher,   die   Grundgrenzen   ab.   Bald   kam es   zu   ersten   Zerwürfnissen,   da   Jannis   darauf   bestand,   dass   auch der     Zufahrtsweg     über     das     angrenzende     Grundstück,     welches ebenfalls     unserem     Brüderpaar     gehörte,     im     Plan     eingetragen werden   müsse,   wovon   wieder   Barba   Lefteris   nichts   wissen   wollte. Da   es   zu   immer   lautstärkeren   Diskussionen   kam,   die   von   Malakas und     ähnlichen     Freundlichkeiten     getragen     wurden,     zog     unser Landvermesser    mit    seinem    Gehilfen    alsbald    wieder    ab,    Jannis kehrte   kopfschüttelnd   in   seine   Taverne   zurück   und   die   streitbaren Brüder,   die   inzwischen   etwas   stiller   geworden   waren,   da   sie   ihre Finanzspritze    schwinden    sahen,    diskutierten    nun    offensichtlich doch    über    den    möglichen    Verlauf    einer    offiziellen    Zufahrt.    Wir setzten uns traurig auf einen Stein. Nach   wenigen   Tage   erreichte   uns   in   der   Taverne,   wo   wir   uns   hinter dem     Haus     gerade     als     Zwiebel-     und     Kartoffelschäler     nützlich machten,   die   Nachricht,   alle   Probleme   seien   gelöst,   wir   könnten den Vermesser wieder kommen lassen. Der   zweite   Anlauf   endete   erfolgreich,   die   Brüder   beglückwünschten uns   mit   "kaló   rísiko"   zu   unserem   beneidenswert   guten   Geschäft und    wir    vereinbarten    einen    Termin    bei    einer    alteingesessenen Notarin.   Barba   Lefteris   meinte   noch,   da   der   Grund   praktisch   schon uns   gehörte,   könnten   wir   ohne   weiteres   mit   unserm   Campingbus heraufziehen,    was    wir    gerne    taten.    Da    uns    nun    morgens    statt unseres   fleißigen   Bauern   ein   alter   Ziegenbock   geruchlich   weckte, begannen   wir   gleich   einen   Zaun   zu   errichten,   den   wir   von   unserem Freund Janni erworben hatten. Beim   Notar   erfuhren   wir   zu   unserem   Schrecken,   dass   wir   neben unseren    Pässen    zuerst    einmal    einen    Staatbürgerschaftsnachweis sowie   Geburts-   und   Heiratsurkunden   benötigten,   was   wir   natürlich nicht   dabei   hatten.   Nach   einem   Anruf   bei   meinen   Eltern   warteten wir die nächsten zwei Wochen brav auf die griechische Post. Der   ersehnte   Brief   kam   am   Sonntag   Abend   direkt   in   die   Taverne, da,   wie   sich   herausstellte,   unser   freundlicher   zukünftiger   Nachbar Vassilis auch der Briefträger war. Leider   hatten   sich   inzwischen   unsere   Grundverkaufsbrüder   wieder heillos    zerstritten,    offensichtlich    war    Barba    Lefteris    mit    seinem Anteil   am   zu   erwartenden   Geldsegen   nicht   einverstanden   und   teilte uns    mit,    er    werde,    um    seinem    Bruder    eins    auszuwischen,    die Zustimmung   zum   Verkauf   seines   Grundanteils   zurückziehen.   Wirt Jannis   bekam   einen   Wutanfall   und   brüllte   eine   Minute   lang   am Telefon   herum,   dann   bot   er   uns   eines   seiner   Grundstücke   zum   Kauf an.    Später    kam    auch    Dimitris    und    meinte,    er    hätte    noch    ein weiteres   Grundstück,   welches   ihm   alleine   gehöre;   wir   besichtigten es   lustlos   und   dachten   an   unseren   schönen   Zaun,   der   fast   fertig war. Am    nächsten    Tag    wanderten    wir    zu    Barba    Lefteris    hinunter, tranken       bei       ihm       einen       Kaffee,       schenkten       ihm       eine griechischsprachige   Bibel   und   erinnerten   ihn   an   den   Handschlag und   an   seine   Worte,   dass   der   Grund   praktisch   schon   uns   gehöre. Schließlich   überzeugte   ihn   vor   allem   unser   Hinweis,   er   müsse   die Kosten      der      Landvermessung      übernehmen,      die      wir      bereits entrichtet   hatten.   Nach   kaum   einer   Stunde   erklärte   er   sich   bereit, der   Notarin   telefonisch   wieder   grünes   Licht   zu   erteilen.   Unserem erstaunten   Tavernenwirt,   dem   der   Sinneswandel   nachgerade   wie ein    Wunder    vorkam,    erklärten    wir,    man    müsse    halt    mit    den Menschen reden. Da    unsere    Ferien    sich    dem    Ende    zuneigten,    versuchten    wir    das Unmögliche,     nämlich     die     griechischen     Behörden     sowie     das Notariat   zur   Eile   anzuhalten.   Schon   wenige   Tage   später   erhielten wir   die   Nachricht,   der   Grundkauf   sei   leider   noch   nicht   möglich,   da Dimitris,   unser   Verkäufer   mit   dem   zwei   Drittel   -   Anteil,   das   eine Extradrittel   von   einem   dritten,   bereits   verstorbenen   Bruder   zwar rechtmäßig   geerbt,   sein   Erbe   aber   noch   nie   angetreten   habe;   es seien     daher     noch     verschiedene     Behördenwege     seinerseits     zu absolvieren,    weshalb    sich    alles    um    höchstens    ein    paar    Wochen verzögern würde. Wir   wählten   eine   österreichische   Lösung:   wir   stellten   unserem   Wirt eine   Vollmacht   aus,   in   unserem   Namen   als   Grundaufkäufer   tätig werden   zu   können,   gaben   ihm   das   Geld,   fuhren   zurück   nach   Linz und   erfuhren   Anfang   Dezember,   dass   nun   der   Kauf   perfekt,   die Verträge     unterzeichnet,     und     der     Grund     abbezahlt     und     unser Eigentum wäre. Na also, es geht doch! Kaum   waren   Weihnachtsferien,   packten   wir   unseren   Campingbus, inzwischen   ein   VW   LT   mit   Zwillingsrädern,   bis   oben   voll   mit   Holz, fuhren   via   Venedig   -   Igoumenitsa   -   Katara-Pass   -   Thessaloniki   - Alexandroupolis    nach    Samothraki    und    errichteten    auf    unserem Grund    eine    schöne    illegale    Holzhütte,    die    dank    ihrer    stabilen Bauweise     bis     heute     allen     Stürmen     widerstanden     hat     und inzwischen   von   Rosen,   Holunder   und   Wein   idyllisch   überwuchert ist.    Weiter gehts mit Hausbauplänen!
Josef Peneder
Josef Peneder Teil 2: Die Besiedelung Samothrakis oder: wie man sich in Griechenland ein Grundstück kauft Im   Sommer   2000   besuchten   wir,   nach   mehrjähriger   Pause,   wieder einmal die wildromantische Insel Samothraki. Nachdem    wir    eine    kleine    Taverne    am    Fuß    der    Berge    entdeckt hatten,   wo   es   neben   griechischen   Gerichten   auch   Schweinsschnitzel wie   zuhause   gab,   gefiel   es   uns   in   der   Folge   dort   so   gut,   dass   wir   viel länger    als    geplant    auf    Samothraki    geblieben    sind    und    von    der Taverne   aus   verschiedenste   Ausflüge   unternahmen.   Wir   schliefen vor   der   Taverne   am   Parkplatz   im   Campingbus   und   waren   recht zufrieden. Der   Wirt,   ein   gewisser   Jannis   Angelonias,   nahm   uns   in   die   Berge mit   zur   Ziegenjagd   und   meinte   so   nebenbei,   wir   sollten   doch   hier auf   der   Insel   ein   Grundstück   kaufen;   diese   wären   günstig   zu   haben und   an   allen   Ecken   und   Enden   würden   die   Leute   verkaufen   wollen. Wir   nahmen   sein   Reden   damals   nicht   ganz   ernst,   grübelten   aber   im darauffolgenden   Jahr   viel   über   die   "Grundstückstheorie",   und   die Idee gefiel uns immer besser. Im   Sommer   2001   konnten   wir   es   schon   gar   nicht   mehr   erwarten,   zu unserem   "Schnitzelwirt"   zu   kommen.   Wir   ersuchten   ihn,   uns   doch ein   paar   der   seiner   Erzählungen   zufolge   zum   Verkauf   stehenden Grundstücke    zu    zeigen.    Schnell    stellte    sich    heraus,    dass    von konkreten     Anbietern     weit     und     breit     keine     Spur     war;     ein Rechtsanwalt       aus       Thessaloniki       vertrat       anscheinend       eine Kleingruppe    mehrerer    "Stückbesitzer",    doch    wusste    man    nichts Genaues.   Ein   in   Berlin   (oder   war   es   Stuttgart?)   lebender   Grieche besaß       ein       reizvolles       Grundstück,       allerdings       ohne       jeden Zufahrtsweg.   Angeblich   würde   er,   wenn   er   arbeitslosigkeitsbedingt finanzielle   Engpässe   durchlief,   sicher   billig   verkaufen,   doch   wusste man nichts Genaues. Ein   idyllisches   Fleckchen   am   Bach   gehörte   anscheinend   dem   mit unserem     Wirt     verschwägerten     Apotheker,     doch     ergab     eine Befragung,     dass     dieser     sich     über     die     genaue     Lage     seines Grundstücks   keineswegs   im   klaren   war;   er   meinte,   der   Vater   von Jannis    würde    die    Lage    besser    kennen,    worauf    sich    auch    diese Angelegenheit zerschlug. Schließlich   gelang   es   dem   Schnitzelwirt   aber,   angesichts   unserer augenscheinlichen    Zermürbung    den    "de    Facto    -    Besitzer"    eines noch   idyllischeren   Bachgrundstückes   namhaft   zu   machen.   Als   wir bei   diesem   vorsprachen,   war   er   gerade   mit   der   Schlachtung   von Ziegen   beschäftigt.   Es   handelte   sich   um   einen   wetterzerfurchten, grimmig   blickenden   älteren   Mann,   dem   wir   spontan   den   Namen "Bronson"    gaben.    Er    meinte    zwar,    das    Stück    sei    vielleicht    zu verkaufen,   doch   müsse   er   erst   seine   Mutter   um   Erlaubnis   fragen. Mehrere    Rücksprachen    ergaben    lediglich,    dass    unser    Bronson mehr   als   großen   Respekt   vor   seiner   Mutter   hatte,   da   er   es   nicht wagte, dieselbe zu fragen. Inzwischen    hatte    sich    aber,    wie    in    ländlichen    Gebieten    auf    der ganzen     Welt     üblich,     durch     Mundpropaganda     unter     der     an Abwechslungen      im      kargen      Alltag      nicht      gerade      gesegneten Landbevölkerung    auf    unserer    gesamten    Inselhälfte    die    Kunde verbreitet,     finanzkräftige     Landaufkäufer     seien     unterwegs;     die Grundstückspreise    stiegen    zaghaft,    dann    schneller,    und    da    und dort   ergaben   sich   neue   Gerüchte   über   halbverfallene   Häuser,   deren Besitzer   zwar   in   Melbourne   oder   Los   Angeles   ansässig   seien,   aber demnächst,   vielleicht   schon   heuer,   auf   Besuch   kommen   würden, und   wenn   man   sogar   mehrere   Clanmitglieder   anlocken   könnte,   die allesamt    Mitbesitzer    dieser    Grundstücke    seien,    so    stünde    einer positiven    ersten    Aufnahme    von    Sondierungsgesprächen    nichts mehr im Weg. Auch    unser    neuer    Freund    Michali,    ein    Kärntner,    der    schon    vor einigen    Jahren    den    Sprung    auf    die    Insel    gewagt    hatte    und    nun zufrieden    in    seinem    idyllischen    Steinhäuschen    inmitten    seines Riesengrundstücks   saß,   zeigte   uns   unermüdlich   alte   Grenzverläufe, eingestürzte    Dächer,    frisch    verkaufte    Weingärten    und    eventuell zum Kauf anstehende Stücke in allen erdenklichen Lagen. In       dieser       optimismusgeladenen       Atmosphäre       indifferenter Erwartungen    sprach    uns    ein    älterer    Bauer    an,    der    uns    bisher hauptsächlich   durch   sein   freundliches   Winken   aufgefallen   war,   mit dem   er   uns   jedes   Mal   bedachte,   wenn   er   mit   seinem   uralten   VW- Pritschenwagen   an   unserer   Schlafstätte   ,   bekanntlich   der   Parkplatz vor    der    Taverne,    vorbeiratterte.    Er    tat    dies    übrigens    zu    allen erdenklichen    Zeiten,    vor    allem    aber    begann    er    sein    Tagwerk offenbar     sehr     zeitig     am     Morgen,     sodass     wir     keinen     Wecker gebraucht   hätten,   wäre   uns   der   Wunsch   nach   Aufstehen   bereits   um 5Uhr   30   in   den   Sinn   gekommen.      Wenn   wir   dann   gegen   neun, verkatert    vom    Tavernenabend    und    verschlafen    blinzelnd    in    der kräftigen   Sonne   unseren   Frühstückskaffee   schlürften,   ratterte   nun dieser   brave   Mann   schon   wieder   seiner   Behausung   zu,   den   Wagen manchmal   mit   Heu,   mit   Holz   oder   auch   mit   Schafen   oder   Ziegen zum Bersten beladen. Diesmal   aber   hielt   er   an,   grüßte   freundlich   und   fragte,   ob   wir   etwa ein   Grundstück   kaufen   wollten;   zufällig   habe   er   mehrere   Stücke   zur Auswahl,   eines   schöner   als   das   andere,   und   ob   wir   nicht   mit   ihm kom men und sie uns anschauen wollten. Wir gingen also mit. Das    Stück,    das    er    uns    zeigte,    begeisterte    uns    sofort;    es    lag    nur wenige   hundert   Meter   oberhalb   von   unserer   Taverne,   grenzte   an einen   steilen   Abhang   mit   wunderbarem   Ausblick   aufs   Meer,   hatte eine   leichte   Hanglage,   am   höchsten   Punkt   begann   ein   "Aflaki",   eine betonierte   Bewässerungsrinne,   die   von   einer   Quelle   weiter   hinten im    Tal    gespeist    wird.    Weiters    gab    es    eine    Stromleitung,    eine Telefonleitung,      eine      verfallene      Ruine      sowie      einen      uralten Baumbestand   aus   Nussbäumen   und   Edelkastanien.   Die   Größe   ließ sich   schwer   schätzen,   da   es   nirgends   Zäune   gab;   später   stellte   sich heraus,   dass   es   ungefähr   zweieinhalb   Stremata (2500m 2 )   waren, für die er zuerst etwa 12000 Euro veranschlagte. Später,     nachdem     wir     ihm     versichert     hatten,     dies     wäre     ein angemessener   Preis   für   dieses   paradiesische   Fleckchen,   verlangte er 15000; die hat er dann auch bekommen. Nachdem    wir    den    Kauf    sofort    per    Handschlag    besiegelt    hatten, glaubten   wir,   das   Schwierigste   sei   überstanden   und   der   Rest   nur noch eine Formsache beim Notar. Bald    stellte    sich    heraus,    dass    der    überwiegende    Teil    unseres Grundstücks     eigentlich     seinem     Bruder     Dimitri     gehörte,     der selbstverständlich    auch    an    einem    Verkauf    interessiert    war,    der aber,   wie   wir   von   unserem   Tavernenwirt   erfuhren,   von   der   ganzen Aktion     noch     gar     nichts     wusste.     Zudem     war     unser     wackerer Grundverkäufer,   Barba   Lefteris,   mit   seinem   Bruder   zerstritten,   wie es in Griechenland nicht unüblich ist.
Barba Lefteris, unser Grundverkäufer Unser Grundstück belebt sich Zaunbau - wegen der Ziegen die erst Arbeit! Fast fertig - Weihnachten 2001 Ostern 2002 mit VW LT Das   Textarchiv
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© Josef Peneder 2016   Version 3.0  /  27.11.2023
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